Rezension

Ellen Marie Wiseman - Die dunklen Mauern von Willard State

Die dunklen Mauern von Willard State - Ellen Marie Wiseman

Die dunklen Mauern von Willard State
von Ellen Marie Wiseman

Bewertet mit 5 Sternen

Kurzbeschreibung: 
Zehn Jahre ist es her, dass eine schicksalhafte Nacht für Izzy Stone alles veränderte: Ihre Mutter erschoss ihren Vater, während er schlief. Seitdem lebt die nun 17-Jährige bei Pflegefamilien. Als sie für ein Museum Gegenstände ehemaliger Insassen der alten und berüchtigten psychiatrischen Anstalt Willard State Asylum katalogisiert, stößt sie auf einen Stapel ungeöffneter Briefe und das alte Tagebuch einer gewissen Clara Cartwright. Je mehr sie über Claras Leben in Erfahrung bringt, desto mehr klären sich auch die Rätsel ihres eigenen Lebens... *Quelle*

Zur Autorin: 
Ellen Marie Wiseman wurde in Three Mile Bay, einer kleinen Ortschaft im Bundesstaat New York, geboren. Sie besucht häufig ihre Verwandten in Deutschland und interessiert sich sehr für deutsche Geschichte und Kultur. »Die schwarzen Hügel von Coal River« ist der zweite Roman der Autorin. Wiseman lebt zusammen mit ihrem Mann, ihren beiden Kindern und drei Hunden am Ufer des Lake Ontario.

Meinung: 
1995: Die 17-jährige Isabelle Stone, genannt Izzy, lebt seit 10 Jahren in Pflegefamilien, seit ihre Mutter ihren Vater aus unerfindlichen Gründen erschoss. In Peg und Harry hat sie fürsorgliche Pflegeeltern gefunden, doch wird sie in ihrer Abschlussklasse, die sie neu besucht, gemobbt. Mit Peg zusammen arbeitet sie an einem Museumsprojekt, das sich mit der gerade geschlossenen Psychiatrie Willard State befasst. Hier wurden über 400 Koffer von ehemaligen Insassen gefunden, die Peg und Izzy nun fotografisch katalogisieren. Dabei stößt Izzy auf das Tagebuch der jungen Clara.

1929: Die 18-jährige Clara Elizabeth Cartwright wächst als behütete Tochter einer wohlhabenden Familie auf. Vor kurzer Zeit nahm sich ihr Bruder das Leben, woran Clara den Eltern die Schuld gibt. Bei einem heimlichen Clubbesuch lernt sie den Einwanderer Bruno kennen und lieben, doch die Eltern sind mit dieser Verbindung nicht einverstanden. Clara begehrt das erste Mal in ihrem Leben auf und Vater Henry schickt sie daraufhin zuerst in eine psychiatrische Einrichtung auf Long Island, bis sie schließlich im berüchtigten Willard State landet.

Ellen Marie Wiseman hat mit Die dunklen Mauern von Willard State einen berührenden Roman geschrieben, der größtenteils auf wahren Begebenheiten beruht. Die Einrichtung gab es wirklich, sie wurde 1995 geschlossen und auch die Geschichte um die über 400 Koffer von ehemaligen Patienten, die gefunden und katalogisiert wurden, ist real, was die Handlung im Roman noch lebendiger werden lässt.

Vor allem mit der 18-jährigen Clara habe ich durchwegs mitgelitten, die als gesunde junge Frau von ihren Eltern in eine Anstalt abgeschoben wird, weil sie mit der Wahl ihres Freundes nicht einverstanden sind und einen anderen Bräutigam für sie auserkoren hatten. Clara versteht anfangs die Welt nicht mehr und versucht alles, den Ärzten klarzumachen, dass sie keine Behandlung braucht und völlig normal ist. Ihre Lage verschlechtert sich zusehends, als ihr Vater nach dem Börsencrash die noch recht gehobene Nervenheilanstalt auf Long Island nicht mehr bezahlen kann, denn sie wird nun in die staatliche Psychiatrie Willard State verbracht, wo die Patienten mehr dahinvegetieren, als Hilfe zu bekommen und zweifelhafte Behandlungsmethoden an ihnen durchgeführt werden.

Aber auch Izzys Geschichte kann durchaus bewegen. Von einer Pflegefamilie zur nächsten weitergereicht, hat sie allerdings mit Peg und Harry zwei liebevolle Pflegeeltern gefunden, aber in ihrer neuen Schule wird sie von Anfang an gemobbt. Als dann auch noch herauskommt, dass ihre Mutter den Vater erschossen hat, ist sie vor Anfeindungen ihrer Klassenkameraden kaum noch sicher. Erst das Museumsprojekt gibt ihr Halt und sie setzt alles daran, die Geschichte um Clara, deren Tagebuch sie findet, ans Licht zu bringen.

Die Handlung spielt, wie schon erwähnt, auf zwei Zeitebenen, die sich kapitelweise abwechseln und somit viel Abwechslung bietet. Claras Geschichte geht unter die Haut und wird von Ellen Marie Wiseman hochemotional erzählt. Man leidet mit ihr und ihren Erlebnissen in Willard State mit und kann nicht verstehen, wie ihre Eltern so hartherzig sein konnten und ihre Tochter einfach abgeschoben und nie mehr den Kontakt zu ihr gesucht haben. Dadurch, dass es die Einrichtung wirklich gab, wird die Geschichte noch umso plastischer und greifbarer und ließ mich am Ende erschüttert zurück, auch wenn es für Clara letztlich doch noch ein kleines Happy End gab.

Fazit: 
Die dunklen Mauern von Willard State erzählt berührend und emotional die Geschichte von zwei jungen Frauen in verschiedenen Zeitepochen, aber mit sehr ähnlichen Erlebnissen. Vor allem Claras Geschichte geht unter die Haut und berichtet exemplarisch, wie mit Patienten in einer staatlich geführten Einrichtung umgegangen wurde und was sie dort erleiden mussten. Lesetipp!