Rezension

Elwood - ein unfreiwilliger Held

Die Nickel Boys - Colson Whitehead

Die Nickel Boys
von Colson Whitehead

Bewertet mit 5 Sternen

~~Buchmeinung zu Colson Whitehead – Die Nickel Boys

„Die Nickel Boys“ ist ein Roman von Colson Whitehead, der 2019 im Carl Hanser Verlag in der Übersetzung von Henning Ahrens erschienen ist. Der Titel der englischen Originalausgabe lautet „The Nickel Boys“ und ist 2019 erschienen. Die ungekürzte Hörfassung wird von Torben Kessler gelesen und ist 2019 bei Hörbuch Hamburg erschienen.

Zum Autor:
Colson Whitehead, 1969 in New York geboren, studierte an der Harvard University und arbeitete für die New York Times, Harper’s und Granta. Er gehört zu den wichtigsten Autoren der neuen amerikanischen Literatur. Seine zahlreichen Veröffentlichungen wurden hochgelobt, für seinen Roman Underground Railroad erhielt er 2016 den National Book Award und 2017 den Pulitzer-Preis. Heute lebt Whitehead in Brooklyn.

Klappentext:
Florida, Anfang der 1960er-Jahre. Der sechzehnjährige Elwood lebt mit seiner Großmutter im schwarzen Ghetto von Tallahassee und ist ein Bewunderer Martin Luther Kings. Als er einen Platz am College bekommt, scheint sein Traum von gesellschaftlicher Veränderung in Erfüllung zu gehen. Doch durch einen Zufall gerät er in ein gestohlenes Auto und wird ohne gerechtes Verfahren in die Besserungsanstalt Nickel Academy gesperrt. Dort werden die Jungen missbraucht, gepeinigt und ausgenutzt. Elwood freundet sich mit dem angepassten Turner an und will ihn überzeugen, gegen die Zustände zu kämpfen. Doch das ist lebensgefährlich.

Meine Meinung:
Dieses Buch hat mich durch seine ruhige Art Unfassbares zu schildern überzeugt. Elwood ist jung, intelligent und von den Ideen Martin Luther Kings fasziniert. Seine Großmutter hat ihn geprägt und ihn zu bedachtsamen Handeln erzogen. Ohne etwas falsch gemacht zu haben, findet er sich in der Besserungsanstalt Nickel Akademie wieder. Schon der Weg dorthin ist darauf ausgelegt, ihn zu brechen. Stundenlang wird er angekettet im Auto transportiert. Dort angekommen erfolgt die Aufteilung nach der Hautfarbe. Die Zustände bei den Weißen sind schon schlimm, aber noch immer weitaus besser als im anderen Teil. Ein Versuch, einen Streit zu schlichten, bringt Elwood in höchste Not. Er wird gnadenlos ausgepeitscht und überlebt nur knapp. Danach wird er zum Beobachter. Er schildert das Leben in der Anstalt einfach so wie es ist. Wer sich angepasst verhält, kommt relativ ungeschoren davon, aber Fehlverhalten oder gar Widerstand führt zur Öffnung weiterer Höllentüren. Dabei ist die Anstalt in der Öffentlichkeit hoch angesehen. Vor allem im direkten Umfeld profitieren viele Bewohner des nächsten Ortes von Unregelmäßigkeiten in der Anstalt.
Fast emotionslos beschreibt der Autor die unmenschlichen Zustände in der Anstalt. Das System der Unterdrückung funktioniert wie eine gut geölte Maschine, weil alle mitmachen. Den Insassen wird jede Hoffnung genommen und doch keimt ein zartes Pflänzchen des Widerstands, weil Elwood mit seinem unbändigen Willen alles dokumentiert, was er erlebt.
Die schlichte Beschreibung der Erfahrungen des Elwood Curtis, der eigentlich nie etwas falsch gemacht hat, wirkt auf Dauer nachhaltig. Elwood ist ein stiller Kämpfer mit einem sehr starken Willen, dessen Schicksal bewegt.
Die Erzählung bewegt sich auf mehreren Zeitebenen und springt zwischen diesen hin und her, meist wird aber der Weg Elwoods chronologisch begleitet. Einige besondere Ereignisse lockern das tägliche Einerlei auf. Zum Ende hat der Autor für den Leser noch eine Überraschung bereit.

Sprecher:
Torben Kessler, Jahrgang 1975, ist ein deutscher Schauspieler und Synchronsprecher. Kessler hat an der Folkwang-Hochschule in Essen Schauspiel, Gesang und Tanz studiert.
Torben Kessler liest dieses Hörbuch ganz ausgezeichnet. Er liest technisch einwandfrei und trifft die Atmosphäre. Unaufgeregt und doch engagiert interpretiert er das Werk von Colson Whitehead – einfach großartig.

Fazit:
Eine bewegende Erzählung über das Schicksal eines besonderen Menschen, dessen Willen nicht gebrochen werden konnte. Der ruhige Erzählton lässt den Leser das Unfassbare noch eindringlicher erleben. Deshalb fünf von fünf Sternen (90 von 100 Punkten) und eine unbedingte Leseempfehlung.