Rezension

Emanzipation auf Jiddisch

Wolkenbruchs wunderliche Reise in die Arme einer Schickse - Thomas Meyer

Wolkenbruchs wunderliche Reise in die Arme einer Schickse
von Thomas Meyer

Bewertet mit 5 Sternen

Motti Wolkenbruch ist ein junger Mann, der sich sein gesamtes Leben von seiner gluckenden mame hat bevormunden lassen. Durch Tradition und Glaube sind nicht nur Kleidungsstil und Ernährungsregeln für Motti festgelegt. Durch die Mutter scheint auch seine weitere Entwicklung streng nach Plan verlaufen zu sollen. Die vorgezeichnete Zukunft lässt sich bereits am schweigsamen tate ablesen, der sich andauernd hinter einer Zeitung versteckt. Als die mame nun Motti mit einem Ebenbild von sich selbst verheiraten möchte, entwickelt dieser Störgefühle.

So beginnt Motti sich von seiner mame, aber auch von seiner Kultur zu emanzipieren.  Unkoscheres Essen gehört nun genauso zu ihm wie ein urbanes Outfit. Als Leser hat man den Eindruck, Motti mag all das besonders gern, was goisch ist. Vermutlich macht das Verbotene den Reiz aus. Mottis Entwicklungsprozess endet schließlich, wie es der Buchtitel verspricht.

Die aufbegehrenden Gedanken unseres Protagonisten und sein rebellisches Verhalten wirken auf mich wie eine verspätete Pubertät. Dadurch entsteht eine skurrile, ein Dauerschmunzeln verursachende Komödie. Durch den Gegenpol der übertriebenen strengen mame, die teilweise aus der Zeit gefallen scheint und in ihrer eigenen Erwartungshaltung längst nicht fehlerfrei ist, wird die Situationskomik auf die Spitze getrieben. 

Gefallen hat mir zudem die von Thomas Meyer verwendete Sprache. Er spielt mit jüdischen und goischen Klischees, ist dabei niemals anmaßend oder unangenehm. Der Text ist gespickt mit ganz vielen jiddischen Worten. Aber keine Angst, wer ein bisschen Platt versteht kommt gut damit zurecht. Außerdem gibt es ein entsprechendes Glossar am Ende des Buches. Die drei Teile des Buches gliedern sich in kurze Kapitel mit witzigen Titeln. Die Titel lassen sich dann auch im Kapiteltext wiederfinden, was ich ziemlich charmant finde.

Eine erfrischende Lektüre, die ich gern weiterempfehle.