Rezension

Emanzipierte Frau mit Witz und Verstand geht ihren Weg

Die unvergleichliche Miss Kopp schlägt zurück - Amy Stewart

Die unvergleichliche Miss Kopp schlägt zurück
von Amy Stewart

Wieder mal ein Buch bzw. eine Reihe, die mir ohne den Insel-Verlag und seine Ausgabe entgangen wäre. Die Rede ist von den historischen Krimis rund um Constance Kopp und ihre Schwestern, aus der Feder von Amy Stewart. Der erste Band der Reihe ist in den USA 2015 erschienen, bis dato liegen 4 Bücher im amerikanischen Original vor.

"Die unvergleichliche Miss Kopp schlägt zurück" ist also der zweite Band und ich habe den ersten nicht gelesen. Um ein Verständnis für die Ausgangssituation zu bekommen, schadet dies aber sicher nicht. Ich habe mich am Anfang etwas schwer getan, alle Personen und Umstände einzuordnen und konnte erst nach und nach herausdestillieren, dass die Hauptfigur Constance wohl Deputy Sheriff ist bzw. aufgrund einer Gesetzesänderung, die es Frauen nicht mehr erlaubt, war und nunmehr Gefängnisaufseherin in Hackensack, New Jersey. Allerdings strebt sie den “Deputy”-Status weiterhin an bzw. Ihr Cheff, Sheriff Heath, hat ihr diesen in Aussicht gestellt. Aus ihrer Ich-Perspektive wird die Handlung durchgehend erzählt und somit subjektiv gefiltert. Sie ist ledig, 36 Jahre alt und lebt mit ihren zwei Schwestern auf einer Farm zusammen. 

Die Geschichte spielt um 1915, der erste Weltkrieg ist in Europa also bereits im Gange, was im Buch auch Thema wird da u.a. Deutschen gegenüber Ressentiments herrschen. Ein Deutscher ist es auch, der die Hauptrolle in der Krimihandlung dieses Bandes spielt: Dr. Hermann Albert von Matthesius. Der Arzt sitzt im Knast, weil er ein dubioses Sanatorium betrieben hat, das ein Fall für die Justiz wurde. Constance ist verantwortlich für seine Flucht und bevor ihr Chef, Sheriff Heath, deswegen im Gefängnis landet, nimmt sie die Sache ganz emanzipiert selbst in die Hand.

Stewart erzählt die Zeit um 1915 detailreich und atmosphärisch. Die prekären Umstände, in denen die ärmeren Menschen am Rande der Gesellschaft in den Staaten New York und New Jersey lebten, gehen durchaus an die Nieren.

Die Idee basiert auf einer wahren Begebenheit, denn die “Kopp-Schwestern” gab es tatsächlich und ebenfalls einen Dr. von Matthesius, an dessen Verhaftung Constance Kopp beteiligt war, wie wir im Nachwort der Autorin erfahren. 

Anfang des 20. Jahrhunderts steckte die Frauenbewegung noch in ihren Kinderschuhen und dass eine Frau eine Feuerwaffe bedienen konnte, war unerhört. Ich finde es toll, dass hier eine Frau in dieser Zeit portraitiert wird, die Verhaftungen durchführt und den Männern ganz selbstverständlich auch körperlich Paroli bietet (auf ihre überdurchschnittliche Größe und Körperkraft weist sie als Ich-Erzählerin immer wieder hin).

Überhaupt liegt die Stärke des Buches neben der Darstellung der Zeitumstände in der Charakterzeichnung. Miss Kopp und auch ihre Schwestern sind toughe weibliche Individuen, die ihren Weg gehen. Auch Sheriff Heath ist als Person interessant und uneindeutig. 

Der Plot dieses Bandes ist an manchen Stellen etwas schwach und mitunter fehlt es leicht an Spannung. Dennoch ist das Buch als etwas “andere Geschichte” durchaus lesenswert.