Rezension

Emotional, aber schonungslos deprimierend

Wilde Freude
von Sorj Chalandon

Bewertet mit 3 Sternen

Die Pariser Buchhändlerin Jeanne erhält die Diagnose Brustkrebs. Während ihr Ehemann ihr nicht mehr in die Augen sehen kann, weil er ihre Erkrankung nicht erträgt, schlägt sich Jeanne von einer Untersuchung zur Nächsten. Im Krankenhaus lernt sie Brigitte kennen und bald darauf Mélody und Assia. Alle vier Frauen verbindet eine harte Vergangenheit und sie setzen sich das Ziel, sich gegenseitig zu unterstützen. Nach einiger Zeit weihen die Frauen Jeanne in ihren Plan ein: Einen Überfall auf den größten Juwelier der Stadt.

 

Sorj Chalandon nimmt den Leser mit auf eine Achterbahnfahrt der Gefühle. In seinem Buch „Wilde Freude“ beschreibt er schonungslos die Diagnose und Behandlung der Brustkrebserkrankung von Jeanne. Meine Mutter ist an Brustkrebs verstorben, weshalb mich die ausschweifende Beschreibung sehr mitgenommen hat. Viele Gedanken und Ängste von Jeanne hat auch damals meine Mutter mit mir geteilt. Man merkt, dass sich Sorj Chalandon mit dem Thema befasst oder selber Erfahrungen gesammelt hat. Wer ein Problem damit hat, oder selber Krebsfälle im engeren Umfeld, sollte sich gut überlegen, ob er dieses Buch lesen möchte. Wie gesagt: es ist wunderschön und realistisch beschrieben, aber auch schonungslos ehrlich.

 

Neben der Erkrankung an sich hat Jeanne auch noch einen Ehemann, der sie so gar nicht unterstützt. Für mich war das schon fast ein bisschen viel Unglück für eine Person. Zudem habe ich nicht nachvollziehen können, warum Jeanne bei diesem Mann geblieben ist (insbesondere, weil er schon so war, als sie gesund war). Im Grunde ist sie seit Jahren mit einem Egomanen verheiratet, der sich nicht um sie kümmert – egal ob krank oder gesund.

 

Die drei anderen Frauen haben auch interessante Hintergrundgeschichten, denen jeweils ein Kapitel gewidmet ist. Ich fand die Hintergründe ganz interessant zu lesen, so richtig gepackt haben sie mich allerdings nicht. Ich hatte beim Lesen den Eindruck, dass sehr viel Zeit dafür aufgewendet wurde, die Geschichten der Frauen zu erzählen, diese Geschichten haben aber wenig zum Handlungsfortschritt beigetragen. Im Grund zielt das Buch auf einen einzigen Coup ab: den Raubüberfall. Auch wenn ich dann und wann den Eindruck hatte, dass der Autor dem Leser etwas Entscheidendes mit auf den Weg geben will, habe ich für mich wenig mitgenommen.

 

Sprachlich ist das Buch wundervoll geschrieben. Ich mag die direkte Art zu schreiben und konnte mich schnell in die Protagonisten hineinversetzen. Insbesondere schafft es der Autor Emotionen (oder auch die leere im Innern der Protagonisten) gut zu transportieren.

 

Alles in allem hat mich das Buch ganz gut unterhalten, mehr aber auch nicht.