Rezension

Emotional, sanft aber mit Längen

Letzte Nacht - Catherine McKenzie

Letzte Nacht
von Catherine McKenzie

Bewertet mit 4 Sternen

„Natürlich, jeder Mensch kennt Reue. Lose Enden. Dinge, die wir tun würden, wenn wir mehr Zeit hätten.“ (Rückseite des Buches) Jeff ist 39 Jahre und ein guter Familienvater. Er ist stolz auf seine langjährige Ehe. Bis er eines abends bei einem Unfall ums Leben kommt. Tish ist seine Kollegin. Für sie bricht eine Welt zusammen, als sie von seinem Tod erfährt. Denn erst kurz zuvor gaben sich die beiden ein Versprechen, das niemand außer ihnen kennt. Claire ist Jeffs Frau. Sie liebte ihn durch zahlreiche Höhen und Tiefen. Aber als eine unbekannte Frau auf der Beerdigung auftaucht, kommen ihr Zweifel. Hat sie Jeff vielleicht doch nie richtig gekannt? Und was hat ihn mit Tish verbunden?

Meinung

McKenzie überzeugt durch einen ruhigen, sanft dahinplätschernden Schreibstil. Sie verzichtet auf große Floskeln und viele Ausschmückungen und schafft es dennoch starke Emotionen zu transportieren.

Mit „Letzte Nacht“ greift sie essentielle Fragen des Lebens auf. Wem soll man folgen, Kopf oder Herz? Ist es wichtiger, sich selbst treu zu sein oder seine Familie zu schützen? Soll man sich lieber selbst enttäuschen oder Frau und Kind? Mit all diesen Fragen sehen sich Jeff, Tish und Claire, die drei Protagonisten, konfrontiert.

Jeff, Tish und Claire sind drei Protagonisten, die mich berührten und die ich leicht in mein Herz schließen konnte. Was auch daran lag, dass alle drei ihre eigenen Kapitel bekommen. Mckenzie lässt die Geschichte durch alle drei erzählen. So bekommt jeder der Charaktere viel Raum sich zu entfalten, gibt uns Einblicke in sein Innerstes. Einblicke zu Gefühlen, Ängsten, Zweifeln.

Jeff ist ein liebevoller Vater und Ehemann. In jedem seiner Abschnitte spürte ich als Leser, wie sehr er seinen Sohn Seth liebt und seine Frau Claire. Wir erfahren viel über seine Beziehung zu den beiden und über die Vergangenheit von Claire und Jeff. Diese wird auch immer wieder durch Claire beleuchtet. Dadurch ermöglicht Mckenzie es mir als Leser, diese Vielschichtigkeit einer Beziehung zu erleben. Es gibt so viele Dinge, die man nicht über den anderen wissen kann und vielleicht auch nicht wissen muss oder sollte. Es zeigt, wie wichtig es ist, miteinander zu reden und wie wichtig Vertrauen ist.

Auch von der Verbundenheit zwischen Jeff und Tish bekam ich viel zu spüren, ohne zu wissen, ob und was den nun zwischen den beiden gelaufen ist oder nicht. Wir erleben auch Tish mit ihrem Mann Brian und ihrer Tochter Joey und erhalten die selben, umfassenden und berührenden Einblicke wie auch bei Claire und Jeff.

Dabei wartet die Geschichte kaum mit Spannungsmomenten auf und die Handlung plätschert auch meist eher vor sich hin. In Rückblicken erfahren wir, wie die Jeff und Claire, Tish und Brian und Brain und Tish zueinander fanden, wie sie leben und lieben und über gute und schlechte Entscheidungen. So stört die fehlende Spannung kaum, denn dieser ruhige Verlauft transportierte die Empfindungen der Protagonisten auf eindringende Art und Weise.

Fazit

„Letzte Nacht“ ist keine rasante Geschichte. Nichts mit überraschenden Wendungen oder viel Spannung. Aber das Buch ist eine Geschichte rund um tiefgehende Fragen im Leben. Der Alltag und das unspektakuläre Leben zweier Familien. Mit all ihren Problemen, Wünschen, Entscheidungen und der Frage, was wirklich zählt in einer Beziehung. Trotz ein paar Längen konnte mich McKenzie emotional mitnehmen und erschuf eine tiefe Verbundenheit zu den drei Protagonisten.