Rezension

Emotionale Chronik einer Liebesgeschichte

Verwirrnis - Christoph Hein

Verwirrnis
von Christoph Hein

Bewertet mit 5 Sternen

Friedeward und Wolfgang lernen sich während ihrer Schulzeit in Ostdeutschland kennen und lieben. Sie fahren gemeinsam in den Urlaub und verlieben sich fern vom konservativen katholischen Zuhause ineinander. Sie halten ihre Beziehung geheim bis sie eines Tages von Friedls Vater überrascht werden . Dieser droht damit den älteren Wolfgang anzuzeigen, wenn er nicht sofort den Ort verlässt, die Schule wechselt und jeden Kontakt zu Friedeward abbricht.
Jahre später treffen sie sich zufällig wieder, in Jena, wo Friedeward beginnt Philosophie zu studieren. Sie lernen Jacqueline kennen, eine Studentin, die Friedhelm dazu bringt sich zu Wolfgang zu bekennen und ihm im Gegenzug verrät, dass sie lesbisch und in einer Beziehung mit der älteren Herlinde, einer Dozentin, ist. Er wechselt nach Leipzig um seinen Traum von einem Germanistikstudium zu verfolgen und bei Wolfgang, der Musik studiert, zu sein. Die vier werden Freunde und Friedeward und Jacqueline denken darüber nach zum Schein zu heiraten um seinen Vater ruhigzustellen und jeglichen Anschuldigungen zu entgehen.

Der Roman wird chronisch erzählt, entfaltet sich Seite an Seite der Geschichte des geteilten Deutschlands. So wird in der DDR bereits 1957 Homosexualität legalisiert, in der Gesellschaft und vor allem in Friedewards Bewusstsein, das geprägt ist von seinem Vater, der ihn über lange Zeit mit Schlägen misshandelt hat und für den Homosexualität eine Sünde ist, ist die Akzeptanz noch lange nicht angekommen.
Christoph Hein erzählt nüchtern und fast distanziert von Friedwards Leben, wörtliche Rede kommt kaum vor, die erzählte Zeit wird teilweise stark gerafft. Trotz der relativ sachlichen Erzählweise wachsen den Lesenden die Figuren ans Herz. Wir erleben Friedewards ganzes Leben, bleiben immer an seiner Seite, gehen durch Höhen und Tiefen, leiden und lieben mit ihm.

Hein gelingt mit seinem Roman ein großartiges Zeitzeugnis am Beispiel des schwulen Studenten, später Universitätsprofessoren, Friedeward Ringeling. Er schafft es, mich trotz seines nüchternen Schreibstils emotional zu berühren und mir Friedewards Lebensgeschichte nahezubringen. Der Roman liest sich durchweg fesselnd, die Figuren sind überzeugend und authentisch gestaltet. Absolute Leseempfehlung!