Rezension

Emotionale Geschichte, jedoch anders, als es der Klappentext verspricht

Wir sind das Feuer
von Sophie Bichon

Bewertet mit 4 Sternen

Als Louisa ihr Mathematik-Studium am Redstone College aufnimmt, hofft sie, einen Neuanfang starten zu können. Ihre düstere Vergangenheit und trostlose Jugend möchte sie vergessen und ein neues Leben beginnen. Ihr Plan scheint aufzugehen, denn neben guten Freunden lernt sie den attraktiven Philosophie-Studenten Paul kennen, dem sie nicht widerstehen kann. In seiner Gegenwart schleicht sich ihr immer öfter ein Lächeln auf die Lippen und sie ist so glücklich wie seit dem einschneidenden Erlebnis vor fünf Jahren nicht mehr. Alles scheint perfekt, denn auf Paul scheint sie eine starke Anziehungskraft auszuüben und schon bald ist das Knistern zwischen den beiden nicht mehr zu ignorieren. Doch beide haben mit ihrer Vergangenheit und ihrer Familie zu kämpfen.

Erzählt wird die Geschichte abwechselnd aus den Perspektiven von Louisa und Paul. Die Übergänge sind sanft und stilvoll. Die Gedanken der Beiden greifen an manchen Stellen fließend, zum Teil mitten in einem Gedanken und in einem Satz ineinander über. Das sorgt für einen verbesserten Lesefluss und der Leser erfährt so die Gefühle beider Protagonisten während gleichen Szenen. Das Geschehen wird nicht doppelt in beiden Perspektiven geschildert, sondern vielmehr sind diese aufeinander aufbauend und fortführend. Es werden Gemeinsamkeiten der Gefühle und ähnliche Verhaltensmuster, aber auch gravierende Unterschiede beispielsweise in Form von verschiedenen Umgangsweisen mit Erlebtem deutlich.

Der Schreibstil ist flüssig und angenehm zu lesen. Unter anderem durch detaillierte Beschreibungen der Gedanken und Handlungen der Charaktere kann sich der Leser ein klares Bild der Handlung machen und hat das Gefühl, selbst ein Teil der Geschichte zu sein. Verstärkt wird dieses Gefühl durch den Einsatz der zwei unterschiedlichen Perspektiven.

An vielen Stellen kommt die Liebe der Protagonistin zur Literatur zum Vorschein. Diese begleitet den Leser durch das ganze Buch hindurch. Verschiedene Teilabschnitte, die mehrere Kapitel umfassen, werden mit einem, dem Leser zumeist unbekannten Wort, betitelt, die im Laufe des Abschnittes von den Protagonisten zur Sprache gebracht und erklärt werden. Die Literatur und Poesie spielen durchgehend eine große Rolle ohne die Handlung in den Hintergrund zu drängen. Oftmals werden Bücher und Serien angeführt, um die Gefühle der Charaktere zu unterstreichen und zu stützen. Zudem sorgen diese Wörter und Anspielungen auf zum Teil bekannte Literatur dafür, dass der Sprachstil des Buches auf eine höhere Ebene gehoben wird und stilistisch wertvoller ist.

Besonders gelungen ist, dass nicht nur die beiden Protagonisten detailliert beschrieben und gezeichnet werden, sondern dass auch Randfiguren und Nebencharaktere eine wichtige Rolle in der Geschichte einnehmen und ebenfalls mit vielen Charaktereingenschaften authentisch dargestellt werden. So wird beim Lesen das Gefühl erreicht, nicht nur am Leben von Louisa und Paul teilzuhaben, sondern auch an dem Leben der anderen Figuren.

Ein kleiner Kritikpunkt ist, dass die Geschichte leider nicht vollständig mit dem Klappentext konform geht. Auf die Vergangenheit der beiden Protagonisten wird nur wenig eingegangen und das Geheimnis von Paul, welches die Liebe der beiden zueinander zerstören könnte, bekommt lediglich auf den letzten Seiten des Buches ausreichend Raum. Das sorgt für einen spannenden Cliffhänger - die Folgen seines Geheimnisses werden im Folgeband thematisiert. In diesem Band geht es eher um die Beziehung der beiden zueinander, um die Liebe, die die beiden Protagonisten verbindet und Entwicklungen auf zwischenmenschlicher Ebene. Diese sind gut dargestellt, jedoch werden durch den Klappentext andere Erwartungen geweckt.

Dennoch ist dieses Buch zu empfehlen, jedoch sollte man sich bewusst sein, dass es in diesem Buch weniger um Spannung und unerwartete Wendungen geht, sondern vielmehr um die emotionale Bindung zwischen den Protagonisten und die Entwicklung der Beziehung der beiden zueinander.