Rezension

Empathische Familiengeschichte mit Tiefgang

Nur ein paar Nächte -

Nur ein paar Nächte
von Fabian Neidhardt

Bewertet mit 5 Sternen

Wenn es kommt, dann kommt es dicke - so lässt sich der Anfang des Romans beschreiben. Der selbstständige Holzschnitzer Ben ist alleinerziehender Vater und steht auf einmal zwischen allen Stühlen: sein Vater, zu dem das Verhältnis nie so ganz innig war, steht auf einmal vor der Tür, da er von seiner Mutter rausgeschmisen wurde (und sucht jetzt eine Bleibe für "ein paar Nächte"). Während Ben noch dabei ist, sich damit zu arrangieren, klingelt es und die Polizei bringt die 12jährige Tochter Mia vorbei, die mit ihrem 6jährigen Freund alleine nach Hamburg wollte, um ihre Mutter kennen zu lernen. Glücklicherweise wohnt Rita, die Mutter des Freundes, auf dem benachbarten Hof.

Von dieser Ausgangssituation entwickelt Fabian Neidhardt eine Familiengeschichte, die nichts auslässt und quasi nebenher die verschiedensten Familien-Lebensentwürfe nebeneinanderstellt, immer im Spannungsfeld Selbstverwirklichung vs. Zurückstecken zu Gunsten der Familie. Und es wird deutlich, welche Spannung sich aufbaut, wenn das Gefüge, in dem man sich gut eingerichtet hat, auf einmal gestört wird, sei es, dass der Vater wieder einzieht und beide, Ben und sein Vater, schnell in alte Rollen verfallen, sei es, dass Ben befürchtet, nach 12 Jahren seine Tochter an die Mutter zu verlieren.

Den Aufbau der Geschichte finde ich dabei besonders gelungen: am Anfang wird man als LeserIn wie der Protagonist Ben mitten in die sich verändernde Situation geschmissen, und erst im Laufe der Geschichte werden manche Besonderheiten, die einen vielleicht stutzen ließen, erklärt - manchmal durch Rückblenden, manchmal durch "Geständnisse" eines Familienmitglieds. Und immer hat man das Gefühl, mitten drin zu sein.

Ein Buch, das Lust auf mehr von diesem Autor macht.