Rezension

Empfehlenswerter historischer Krimi mit dem bedrückenden Hintergrund in Dresden 1944-45

Der Angstmann - Frank Goldammer

Der Angstmann
von Frank Goldammer

Bewertet mit 5 Sternen

~~Kriminalinspektor Max Heller ist ein Ermittler vom alten Schlag – routiniert, oft knurrig, wenig zu beeindrucken. Doch der Frauenmord, zu dem er gerufen wird, ist so grausam, dass er kaum an einen üblichen Täter glauben mag. Sein Vorgesetzter ist eher aus politischen Gründen im Amt und scheint eine einfache Lösung zu bevorzugen – aber das passt kaum mit der zweiten Frauenleiche zusammen, die für Heller zu viele Parallelen zum ersten Fall aufweist. Schon fängt die Bevölkerung an, in Furcht vor dem geheimnisvollen und furchtbaren „Angstmann“ zu leben, wilde Gerüchte machen die Runde. Wir sind in Dresden – und es tobt der Zweite Weltkrieg in seinen letzten Monaten. Was bedeutet da der Verlust eines weiteren Menschenlebens? Und wie einfach schiebt man etwas „den üblichen Verdächtigen“ unter, in jener Zeit sind das ein jüdischer Exmann oder Osteuropäer.

Aber welche Bedeutung haben die seltsamen Geräusche, von denen berichtet wird? Und soll Heller hier von etwas abgelenkt werden, was nicht ins offizielle Bild passt? Auch die Wege, auf denen hier einige Fahrräder unterwegs sind, sorgen für Verwirrung. Und „einfach Max Heller“ zu sein, ist nicht immer leicht, wenn man sich mit seiner Meinung und seinem Handeln jederzeit zuerst vor den Nationalsozialisten in Acht nehmen muss und dann vor der Sowjetarmee.

Frank Goldmanns „Der Angstmann“ ist nicht nur Krimi, sondern schildert auch in eindringlicher Weise die bedrückende Situation in Dresden kurz vor und kurz nach Ende des Zweiten Weltkrieges. Das bedeutet in diesem Falle nicht nur, die eine Verknappung und die eine Ideologie zu tauschen gegen eine andere – die für Dresden verheerenden Bombenangriffe kurz vor Kriegsende findet in der beschriebenen Zeit statt. Der Autor ist Dresdner und wie alle auch jüngeren Dresdner ist er in diesem Bewusstsein, mit den Erzählungen in den Familien, aber auch mit den bis ins Heute reichenden Spuren in der Stadt aufgewachsen (ja, das gilt auch für andere Städte wie z.B. Hamburg mit dessen Feuersturm; aber hier geht es eben um Dresden). Meiner Ansicht nach gelingt ihm damit, Ereignisse, die viele Jüngere sich kaum noch vorstellen können, mit aller Not, den vielen Flüchtlingen, der Angst, dem Hunger, dem gegenseitigen Misstrauen eindringlich, eingängig und bildhaft darzustellen, während zunehmend weniger Zeitzeugen noch am Leben sind, um zu berichten von Ereignissen, die heute anderen Menschen an anderen Orten widerfahren.

Ich habe die Erzählung als Hörbuch genießen dürfen gelesen vom auch als Schauspieler arbeitenden Heikko Deutschmann, den ich wieder einmal als gute Wahl empfand. Bei Krimis als Hörbuch habe ich sonst häufig Probleme, da ich recht schnell lese und damit bei steigender Spannung häufig etwas ungeduldig werde – das war hier kein Problem: Die Handlung ist zwar oft spannend, aber weniger von der nervenzerfetzenden Art (eben ein Krimi, kein Thriller), und besticht vielmehr durch die allgemein düstere Atmosphäre der Taten und der Zeit. Das Vorlesen passt gut zu dieser Situation.

Kommentare

StefanieFreigericht kommentierte am 25. November 2016 um 08:00

Edit:

Danach habe ich mir das „normale“ Buch noch besorgt, unter anderem, weil ich so die Strecken in Dresden besser nachverfolgen konnte - ohne "Abwertung" des Hörbuchs, für mich passen einfach die unterschiedlichen Medien zu unterschiedlichen Situationen.