Rezension

Endlich kommt Gaming in Young Adult an!

Feeling Close to You - Bianca Iosivoni

Feeling Close to You
von Bianca Iosivoni

Bewertet mit 4 Sternen

“Feeling Close to you” ist der zweite Band von Bianca Iosivonis “Was auch immer geschieht“ (WAIG) – Reihe. Der Reihenname ist auf Band eins, „Finding Back to us“, zurückzuführen, welches bereits 2016 unter eben diesem Reihennamen erschienen ist. Die beiden Bände können unabhängig voneinander gelesen werden, mit der Überarbeitung von Bands eins hat Bianca Iosivoni allerdings die Chance ergriffen, jetzt die Geschichte von einem ehemaligen Nebencharakter, Parker, zu erzählen. Ich selbst hatte Teil eins vorher nicht gelesen und keinerlei Verständnisprobleme, bin aber wirklich neugierig auf den Vorgänger geworden und werde diesen definitiv noch nachholen.

Teagan und Parker sind beides Livestreamer von Videospielen, die sich online kennenlernen, als sie ihn in einem Spiel haushoch besiegt. Sie knüpfen außerhalb des Gamings Kontakt, wenn auch weiterhin virtuell, da sie an den entgegengesetzten Küsten der USA leben. Bald schon funkt es zwischen ihnen, doch neben der Distanz gibt es noch andere Hindernisse für eine Beziehung.

 

Mir gefällt der Trend zu künstlerischen, etwas abstrakten Covern momentan sehr. Im Fall von "Feeling Close to you" finde ich es sehr ansprechend, dass die Farben nicht zu knallig sind. Auf dem weiß-grauen Grund kommen die einzelnen blauen und goldenen Farbtupfer gut zur Geltung. Die goldenen Bereiche sehen ein bisschen aus wie Risse, die den Stein aufbrechen. Im übertragenden Sinne sind es vielleicht Gefühle, die sich sowohl bei Parker, aber vor allem auch bei Teagan an die Oberfläche kämpfen. Es passt außerdem hervorragend zu "Finding Back to us". Dass Teile einer Reihe auch optisch zueinander passen, ist mir wichtig.

Im weiteren Verlauf des Lesens empfand ich das Cover dann aber zunehmend als zu ruhig und zu friedlich. Parker und Teagan sind beides freche, „bissige“ Charaktere und die Videospiele, die sie spielen, sind actiongeladen. Diese Energie transportiert das Cover nicht.

 

An Bianca Iosivonis Schreibstil gefällt mir gut, dass er direkt und unverblümt ist. Ihre Charaktere nehmen kein Blatt vor den Mund, wenn es zu ihnen passt. Sie beschreibt aber auch die Gefühle der Protagonisten sehr lebensnah.

Im Schriftbild fällt sofort auf, dass ab und zu ein Chatverlauf abgebildet wird, meistens zwischen Teagan und Parker aber auch mal der Zuschauerchat des Livestreams. Das lockert den Text sehr auf, vor allem auch durch Emojis, ist aber nicht zu viel, als dass es den Fluss stören würde. Gerade die Chats zwischen Teagan und Parker sind sehr wertvoll, da sie ihre Gefühle und vor allem den Humor der beiden, das gegenseitige Necken, toll rüberbringen und der Leser sich immer mittendrin fühlt.

 

Teagan war mir sofort sympathisch. Sie ist tough und lässt sich nichts gefallen, aber es ist auch eine Art Schutzmauer vor der Außenwelt und gegen ihre traurigen, manchmal düsteren, Gefühle. Parker ist leidenschaftlich und temperamentvoll beim Zocken, aber auch fürsorglich gegenüber Freunden und Familie. Man merkt sehr schnell, dass beide gut zusammenpassen. Parkers Mitbewohner verleihen dem Roman noch eine ganz besondere Note. Sie sind ein chaotischer, liebevoller Haufen, jeder einzigartig mit seinen Macken. Als Leser*in wünscht man sich direkt, dort (zumindest mal einen Tag) zu wohnen. Man schließt sie schnell ins Herz und hofft, von jedem noch mehr zu lesen.

 

Teagans und Parkers Kennenlernen ist nicht kitschig und sticht wirklich heraus. Schon bei dem Klappentext habe ich mich riesig gefreut, dass ein*e etablierte*r Autor*in mal das Thema Gaming in die Hand nimmt. Direkt ein großer Pluspunkt! Ich habe mich sofort wohlgefühlt zwischen den Begriffen, der Beschreibung von Teagans Equipment und dem einen oder anderen Insider, denke aber, dass man das meiste auch versteht, wenn Videospiele nicht zu den eigenen Hobbys gehören. Im Notfall kann man immer mal zwei Sekunden googlen um ein Bild zu kriegen, welches Spiel gerade thematisiert wird. Notwendig für das Verständnis der Hauptgeschichte ist dies aber sicherlich nicht.

 

Was bei mir allerdings zu Punktabzug führt ist die Dramaturgie in Summe. Die ersten zwei Drittel waren nett zu verfolgen und auch nicht langweilig, denn es gibt einige Ereignisse, die die Geschichte voranbringen. Am Ende war es für meinen Geschmack wieder etwas zu viel künstliches Drama, wie man es aus dem Genre leider nur zu gut kennt: Ein Problem entsteht, welches die Beteiligten sehr leicht hätten umgehen können, jemand reagiert über und alles scheint verloren. Es wurde etwas aufgebauscht und Teagans Charakter war für mich dann nicht immer konsistent. Ab und zu konnte ich ihre Gefühle einfach nicht mehr nachempfinden.

 

Da es von den Charakteren, dem Humor und dem Thema ein wunderbares Buch ist, komme ich – trotz des etwas zu dramatischen Höhepunkts - zu 4 von 5 Sternen.