Rezension

Engagiertes und mutmachendes Buch für junge Frauen, aber nicht unbedingt eine Liebeskomödie

Liebe ist nichts für Idioten - Kristin Rockaway

Liebe ist nichts für Idioten
von Kristin Rockaway

Bewertet mit 4 Sternen

Mel arbeitet am Helpdesk einer Start-Up-Schmiede und bereinigt die Laptops und Computer der dort arbeitenden Menschen von Viren oder Malware. Es sind hauptsächlich überhebliche junge Männer, die auf den großen Erfolg ihrer entwickelten Apps hoffen und die meisten von ihnen behandeln Mel als unfähige Frau, die von der Technik keine Ahnung hat. Und natürlich ist sie herablassenden und sexuell anzüglichen Bemerkungen ausgesetzt.

Im Privaten jagt sie über eine Dating-App dem Traum von der großen Liebe hinterher und fällt dabei mehr als einmal auf die Nase. Als sie es leid ist, von Männern versetzt zu werden oder ungewollt Fotos deren Genitalien aufs Handy zu bekommen, entwickelt sie selbst eine App mit dem Namen IdiotenAlarm, worüber sich Frauen über enttäuschende Dates äußern können. Das Ganze geht schnell viral und Mel wird ungewollt zum Zentrum von Aufmerksamkeit. Als sie dann auch noch den Namen ihres Kollegen Alex dort entdeckt, den sie gerade hoffnungsvoll und sozusagen offline datet, ist sie zunächst enttäuscht, dass sie auch diesmal scheinbar nicht den Richtigen gefunden hat.

Dieses Buch hat mich zwiegespalten zurückgelassen. Aufgrund des Klappentextes hatte ich eine leichte Liebeskomödie erwartet, platziert in der Welt des Online-Datings. Das ist diese Geschichte aber nur bedingt. Vielmehr ist es ein Beispiel dafür, wie minderwertig Frauen immer noch in einer von Männern dominierten Tech-Welt behandelt und nicht ernsthaft für voll genommen werden. Kristin Rockaway weiß als Software-Entwicklern genau, wovon sie spricht und bringt das auch clever und glaubhaft in einem frischen Schreibstil zum Leser.

Einen großen Raum nimmt in der Story die Freundschaft unter Frauen ein. Mel hat viel Rückhalt bei ihren drei besten Freundinnen, die sie vorbehaltlos unterstützen und jeden Weg mit ihr gehen. Die Autorin hat hier ganz verschiedene Typen gestaltet, die jede für sich ein eigenes Buch verdient hätte. Dass eine davon lesbisch ist, zeigt zudem, dass - egal welcher Sexualität man angehört - die Probleme letztlich immer die gleichen sind.

Natürlich ist hier das Online-Dating mit dem aus anderen bekannten Apps berühmten Wischen nach links oder rechts ein großes Thema. Mels Überlegungen, ob sie durch diese schnelle Entscheidung vielleicht auch mal den Falschen bzw. Richtigen wegwischt, sind plausibel und nachvollziehbar. Insgesamt empfand ich Mel aber auch als anstrengenden, oft nervigen Charakter. Seitenlange Gedanken und Grübeleien haben meine Geduld mehrfach strapaziert. Dagegen bleibt ihr Kollege und Freund Alex als Objekt ihrer Begierde ein wenig farblos und ohne Konturen und Kanten. Nicht umsonst wird er bei IdiotenAlarm als Weichei bezeichnet.

Gefehlt hat mir aber definitiv der romantische Aspekt eines Liebesromans. Auch wenn das Buch natürlich darauf zielt, zu zeigen, dass es immer noch schöner ist, einen Menschen im wahren Leben kennen und lieben zu lernen, geht es insgesamt ein wenig unter. Rockaway mag sich in der IT-Welt bestens auskennen. Was das Zwischenmenschliche angeht könnte sie aber durchaus Nachhilfe bei Schriftstellerkolleginnen nehmen. Zwischen Mel und Alex hat mir die Chemie völlig gefehlt. Funken, die sprühen und mich als Leserin begeistern, waren kaum zu empfinden. Das müssen nicht unbedingt seitenlange erotische Szenen sein, aber ein bisschen Prickeln, ein wenig Leidenschaft hätte dem Buch durchaus gut getan.

Herzlichen Dank an den MTB Verlag und an NetGalley für das kostenlose Rezensionsexemplar. Man kann unschwer erkennen, dass es meine ehrliche Meinung nicht beeinflusst hat.