Rezension

Entrücktes Märchen mit Gesellschaftskritik

Junge mit schwarzem Hahn -

Junge mit schwarzem Hahn
von Stefanie vor Schulte

Bewertet mit 4 Sternen

Martin wächst alleine auf, nachdem seine Familie von seinem Vater grausam ermordet wurde. Seit Jahren schlägt er sich durch, nur den schwarzen Hahn an seiner Seite. Denn er ist ein Außenseiter, für die trottelige Dorfgemeinschaft ist er zu klug und hat zu sanfte Augen. Eines Tages kommt ein Maler, mit dem er mitgeht. Martin erfährt trotzdem immer wieder Leid, lässt sich von seiner Mission aber nicht abbringen.

Die Geschichte spielt vor langer Zeit, als die Menschen noch ohne Annehmlichkeiten lebten, und während eines Krieges. Martin hat nicht nur wegen dieser entbehrungsreichen Zeit wenig zum Leben, auch die Dorfbewohner kümmern sich nicht um den Waisen. Sie freuen sich, dass Martin nach erbrachter Hilfe nur mit einer Zwiebel zufrieden ist. Sie sehen den schwarzen Hahn, der den Jungen überall hin begleitet, als Teufel an. Als er später das Dorf hinter sich gelassen hat, trifft Martin weiterhin immer wieder auf Elend und Grausamkeiten. Doch trotz allem ist er immer sehr mitfühlend und hilft mit seinem Scharfsinn nicht nur sich selbst. Das Buch hat insgesamt eine sehr drückende Stimmung, auch wenn es ein paar Stellen gab, an denen ich schmunzeln musste.

Der Schreibstil kommt mit kurzen und prägnanten Sätzen daher, der eben deshalb die Geschehnisse sehr eindrücklich schildert und direkt auf den Punkt bringt. Ich bevorzuge lieber bildhafte und beschreibende Erzählstile, weil ich bei dem vorliegenden immer Probleme im Lesefluss habe. Aber Stefanie vor Schultes Geschichte ließ sich überraschenderweise sehr leicht und schnell lesen. Es mag mit Sicherheit nicht nur an den wenigen Seiten gelegen haben, dass ich das Buch innerhalb weniger Tage durchgelesen hatte.

Das Buch habe ich im Rahmen einer Leserunde gelesen und dort haben einige angesprochen, dass es sehr märchenhaft zu lesen ist und auch viele Eigenschaften oder Anteile von anderen Märchen beinhaltet. Den Eindruck habe ich auch gewonnen und konnte das Übersinnliche in der märchenhaften Erzählung besser verorten als in ein einem fiktiven historischen Roman, denn solche zu Zeiten des Mittelalters oder 30-jährigen Krieges gehören nicht zu meinen bevorzugten Genres. Dazu passt Martin, der Junge mit den sanften, gütigen Augen, der trotz dem Leid in seinem Leben immer rein bleibt. Auch die schlimmen Taten der Gegenspieler, die oftmals schockierend und gruselig sind, passen zu der Macht, die die Herrscher in Märchen auf grausame Art ausüben. Das Ende war mir persönlich zu perfekt abgehandelt und manche Details zu positiv, aber auch das passt zum Schluss „…und wenn sie nicht gestorben sind, dann leben sie noch heute.“

 

Fazit:
Die Geschichte ist geprägt von Leid, Grausamkeiten und manches Mal auch Grusel. Sehr düster, was im Gegensatz zu dem Protagonisten Martin steht, der trotz allem immer gütig und scharfsinnig bleibt. Eine märchenhafte Erzählung, aus der man auch Parallelen zu unserer heutigen Gesellschaft ziehen kann.