Rezension

Entscheidungen, die das ganze Leben beeinflussen

Der gefährlichste Ort der Welt
von Lindsey Lee Johnson

Bewertet mit 4 Sternen

In Mill Valley, einem kleinen Städtchen in der Nähe von San Francisco, leben gut situierte Familien ohne Geldsorgen. Von außen gesehen scheint in diesem Ort alles in Ordnung zu sein, doch in der Schule bahnt sich für die Teenager eine Katastrophe an. Tristan Bloch, der es sowieso schon als Außenseiter schwer hat, schreibt einen Liebesbrief an Cally Broderick, der anschließend von Mitschülern auf Facebook gepostet und böse kommentiert wird. Auf diese Weise gemobbt, radelt Tristan zur Golden Gate Bridge und setzt eine folgenschwere Entscheidung in die Tat um... .
Mit diesem Roman zeigt die Autorin Lindsey Lee Johnson, wie schnell ein Leben in eine ganz andere Richtung verlaufen kann und mit welchen Schwierigkeiten Jugendliche gerade in der Schule und im Freundeskreis zu kämpfen haben.
Mir hat besonders die Machart des Buches gefallen. Hier passiert ein schlimmes Ereignis nicht erst am Ende des Buches, sondern beginnt unmittelbar damit. So kann die Autorin ausleuchten, inwiefern die von jedem mitverschuldete Katastrophe Auswirkungen auf das zukünftige Handeln des Einzelnen hat.
In jedem Kapitel wird eine andere Figur in den Mittelpunkt gerückt und aus ihrer Sicht ihre Geschichte erzählt. So bekommt man von jedem der Schüler ein differenziertes Bild und merkt schnell, dass der äußere Eindruck oft gar nicht mit dem innerlichen der jeweiligen Person übereinstimmt.
Da ist zum Beispiel Cally, die mit der Weitergabe des Liebesbriefes eigentlich nichts Böses bewirken wollte und die Folgen ihres Handelns erst richtig einschätzt, als es bereits zu spät ist. Im Buch setzt sich sie  jedoch am meisten mit Tristans Tat auseinander und versucht, sich auf ihre Weise für die Schuld an seinem Tod büßen zu lassen. Andere wie Abigail Cress machen jedoch einfach weiter und stürzen sich ins eigene Unglück, ohne etwas Grundlegendes verstanden zu haben.
Lindsey Lee Johnson schreibt flüssig und schafft es, dass Städtchen mit seinen reichen Teenagern realitätsnah und authentisch darzustellen. Auf eine beeindruckende Weise gelingt es ihr zu zeigen, unter welchem Druck Jugendliche heute stehen. Egal ob es die eigenen Eltern sind, die ständig gute Leistungen fordern oder die Mitschüler, bei denen man um jeden Preis beliebt sein will. Zusätzlich kommen noch soziale Netzwerke wie Facebook dazu, bei denen man schnell für alle sichtbar bloßgestellt werden kann. Auch dies macht die Autorin am Beispiel eines Mädchens sehr deutlich, die nach einem schweren Unglück miterleben muss, wie andere über sie urteilen.
Insgesamt hat die Autorin hier einen sehr beeindruckenden Roman geschrieben, indem deutlich wird, welche großen Auswirkungen scheinbar kleine Entscheidungen haben und größere Dinge ins Rollen bringen können, die gerade für Teenager negative Folgen für das ganze Leben bereit halten. Bis auf einige Dinge finde ich das Buch gut gelungen und empfehle es hier gerne weiter.