Rezension

Enttäuschend

Fremd
von Ursula Poznanski Arno Strobel

Bewertet mit 2.5 Sternen

Joanna Berrigan will sich zuhause einen gemütlichen Abend machen, als plötzlich ein Fremder vor ihr steht, der behauptet, ihr Verlobter Erik zu sein. Doch Joanna kann sich nicht nur nicht an ihn erinnern, auch lässt sich in ihrem Haus, das sie angeblich mit Erik bewohnt, nichts finden, das Erik gehören könnte. Dann jedoch geschehen Dinge, die nicht nur Joanna an ihrem Verstand zweifeln lassen.

Erzählt wird abwechselnd aus Joannas und Eriks Perspektive, jeweils in Ich-Form, wobei sich die Autoren die Perspektiven geteilt haben, Joannas wird von Ursula Poznanski, Erik von Arno Strobel erzählt, wobei ich jedoch hin und wieder überlegen musste, welche Perspektive gerade erzählt wird.

Durch diese Erzählweise erfährt man das Geschehen aus erster Hand, ein Geschehen, das man sich selbst gar nicht vorstellen kann, wie schrecklich und belastend muss es für die Beteiligten sein. Leider kommt genau das nicht wirklich zum Ausdruck, erzählt wird sehr nüchtern, emotional kann der Roman mich von Beginn an nicht packen und es gelingt mir auch fast durchgehend nicht, mit den Protagonisten mitzuleiden. Insgesamt sind alle Charaktere eher oberflächlich gezeichnet, keiner interessiert mich wirklich, keiner berührt mich, erst im späteren Verlauf kommt mir Erik etwas näher.

Wahrscheinlich liegt es auch am sehr nüchternen Erzählstil, dass ich Spannung vermisste. Zwar wollte ich natürlich wissen, was hinter all dem steckt, jedoch war ich bald versucht, den Roman nur quer zu lesen. Wirklich Spannung kam für mich erst nach ca. 200 Seiten auf. Was da passiert, hinterlässt allerdings auch einen komischen Geschmack bei mir, hier, und auch bei der Auflösung, wollten die Autoren wohl auf aktuelles Geschehen aufspringen, da aber die Auflösung in meinen Augen recht platt und ausgelutscht wirkt, bleibt ein Geschmäckle. Auf den Epilog hätte ich komplett verzichten können. Apropos Auflösung: Hier hätte ich mir etwas Subtileres gewünscht. Leider gibt es auch mehrere Logiklöcher, u. a. ist für mich am Ende nicht nachvollziehbar, warum solch ein Aufwand getrieben wurde, es wäre auch einfacher gegangen.

Gut gefallen hat mir, dass die beiden Erzählstränge wirklich gut ineinander greifen. In der Regel geben sich die Erzähler die Klinke in die Hand, manchmal wird auch eine schon aus einer Perspektive bekannte Szene noch einmal aus der anderen Perspektive berichtet. Das zieht die Geschichte allerdings auch etwas in die Länge und trägt nicht immer zur Spannung bei. Weniger gut gefallen hat mir, dass sehr kleinteilig erzählt wird, was der Geschichte zusätzliche Längen beschert.

Als Leser hat man durchaus die Möglichkeit mitzurätseln, wenn auch für mich schon ziemlich am Anfang eine wahrscheinliche Erklärung feststand, die dann, zumindest in Teilen, auch zutraf. Auf den tatsächlichen Hintergrund bin ich allerdings nicht gekommen, der erschien mir aber auch etwas an den Haaren herbeigezogen und nicht sehr gelungen (wie weiter oben schon festgestellt).

Das war bereits das zweite Buch der Autorin in Folge, das mich nicht überzeugen konnte, schade, denn mein erstes von ihr hat mir sehr gut gefallen. Von Arno Strobel habe ich noch nichts gelesen und nun leider auch nicht unbedingt Lust dazu, das zu ändern. Die Idee des Romans ist großartig, von jetzt auf gleich einen vertrauten Menschen nicht mehr zu erkennen, muss für beide schrecklich sein. Leider hat die Umsetzung meine Erwartungen so gar nicht erfüllt. Ich hätte mir gewünscht, emotional gepackt zu werden, atemlos gespannt zu lesen und eine überzeugende und umwerfende Auflösung zu erhalten. Leider trifft nichts davon zu. Ich bin ziemlich enttäuscht und möchte den Roman auch nicht weiterempfehlen.

Für die Idee, das gute Ineinandergreifen der Perspektiven, die Möglichkeit zu grübeln, was dahinterstecken könnte und die – leider wenigen – Szenen, die ich doch spannend fand, vergebe ich 2,5 Sterne.