Rezension

Enttäuschend

Gehe hin, stelle einen Wächter - Harper Lee

Gehe hin, stelle einen Wächter
von Harper Lee

Bewertet mit 2 Sternen

"Wer die Nachtigall stört ..." gelesen hat, sollte auf die Werbung für dieses Buch nicht hereinfallen. Es behandelt das gleiche Thema, allerdings anders aufgebaut. Es ist nur das verschmähte erste Manuskript.

Es gab einmal eine Schriftstellerin, die über die Rassendiskriminierung in den Südstaaten der USA schreiben wollte. Doch ihr erstes Manuskript, das sie um 1956 geschrieben hatte, kam nicht so gut an. Die Lektorin riet der jungen Autorin, den Text umzuschreiben. Ihn von den 50er-Jahren in die 30er-Jahre zu verlegen, der 26-jährigen Protagonistin Jean Louise ihr kindliches alter Ego Scout zurückzugeben und aus deren Sicht zu erzählen, was sich zugetragen hat. 1960 kam dann der Roman „Wer die Nachtigall stört ...“ heraus (Originaltitel „To Kill a Mockingbird“). Ein Jahr später erhielt Harper Lee dafür den Pulitzer Preis. 

Das erste Manuskript wanderte in einen Pappkarton und wurde irgendwann wiederentdeckt. Nachdem die „Nachtigall“ über 40 Millionen Mal verkauft worden war, erhofften sich die Erben wohl einen neuen Run auf „die Fortsetzung“. Die Autorin, die 2016 mit 89 Jahren in einem Pflegeheim gestorben ist, hatte sich lange gegen die Veröffentlichung ihres ursprünglichen Manuskriptes gewehrt, trotzdem erschien „Gehe hin, stelle einen Wächter“ 2015, 55 Jahre nach dem ersten und bis dahin einzigen Buch der Autorin. 

 

Nachdem ich die „Nachtigall“ begeistert ausgelesen hatte, freute ich mich auf die „Fortsetzung“, die 20 Jahre später spielt. Aus der kleinen Scout ist inzwischen die erwachsene Jean Louise geworden, die jedes Jahr einmal von New York in ihre alte Heimat Maycomb zurückkehrt. Sie erinnert sich gerne an die Begebenheiten aus ihrer Kindheit, die allerdings des öfteren anders ausfallen, als sie in der Nachtigall beschrieben wurden. Sicher ist der Humor der Autorin auch hier vorhanden, aber lange nicht so ausgeprägt, wie in ihrem überarbeiteten Werk. 

 

Fazit: Die Enttäuschung konnte nicht ausbleiben. Denn der Roman ist gar keine Fortsetzung, er ist einfach nur das erste, viel schlechtere Manuskript! Schade, dass ich das vorher nicht wusste! 

Kommentare

wandagreen kommentierte am 23. Februar 2020 um 17:49

Tscha - hättest du es ausgelassen, wenn ich dir gesagt hätte, es lohnt sich vermutlich nicht?

Schokoloko28 kommentierte am 24. Februar 2020 um 10:06

Zum Glück, dass ich es abgebrochen habe. Nach ca. 20 Seiten war ich alles andere als begeistert!

gst kommentierte am 25. Februar 2020 um 09:11

@Wanda: Solange "vermutlich" in Deiner Warnung gestanden hätte, wäre ich davon ausgegangen, dass Du es nicht weißt. Aber nach dem Lesen weiß ich, dass es sich nicht gelohnt hat. Hätte ich nicht unmittelbar vorher due Nachtigall gelesen, wäre mein Urteil wahrscheinlich anders ausgefallen.