Rezension

Entweder packt es einen oder auch nicht

Totenfrau - Bernhard Aichner

Totenfrau
von Bernhard Aichner

Blum, eigentlich Brünhilde, lebt ein zufriedenes Leben. Zusammen mit ihrem Mann Mark und den beiden kleinen Kindern bewohnen sie ein Haus mit großem Garten. Während Mark seinem Beruf als Polizist nachgeht, übt Blum den der Bestatterin aus und kümmert sich liebevoll um die Mädchen, sofern dies nicht der Großvater übernimmt, der ebenfalls mit im Haus wohnt. Doch eines Tages platzt diese Seifenblase.

Mark wird direkt vor ihren Augen überfahren und landet bei ihr im Kühlhaus. 
Nach einer kurzen Trauerphase beginnt Blum das Arbeitszimmer ihres Mannes auszumisten und macht dabei eine Entdeckung, die sie daran zweifeln lässt, dass das alles nur ein Unfalltod war. Sie begibt sich auf die Suche nach den wahren Tätern. Die Jagdsaison ist eröffnet.

Was ist das erste was einem nach den ersten Zeilen auffällt? Richtig, der Stakkato-Schreibstil.
Kurze, abgehackte, prägnante Sätze, die oft nur aus ein bis drei Wörtern bestehen. Eigentlich soll dieser Stil das Auge auf sich und seinen Inhalt ziehen, den Leser fesseln. So etwas sieht man oft bei Texten in der Werbung. Natürlich baut jeder Autor irgendwo, irgendwann einmal derartige Sätze in sein Werk ein, schließlich ist das nichts Üngewöhnliches. Ungewöhnlich und sehr gewöhnungsbedürftig ist es dagegegen, wenn ein ganzes Buch in diesem Stil aufgebaut ist.

Der Vorteil ist: Man liest das Buch schnell durch, da das Lesetempo dadurch recht rasant ist.
Der Nachteil war jedoch bei mir, dass ich mich nicht in das Buch einfinden konnte. Ich konnte mich nicht fallen lassen. Trotz, dass ich irgendwann Punkt und Komma ignoriert habe, brachte mich sehr oft ein neuer Ein-Wort-Satz wieder raus.
Dass mit der Stakkato-Stil so aus dem Konzept bringen würde, hatte ich anfangs nicht gedacht. Schließlich gibt es auch Bücher, wo abschnittsweise in dem Stil gearbeitet wird. Zum Beispiel, wenn der Täter zu Wort kommt und sich vom Rest des Buches abheben soll.

Die Figur der Blum spiegelt das wider, was der Titel aussagt: "Totenfrau". Somit passt dieser schon mal wie die Faust aufs Auge. Dennoch haben mich ihre Entwicklung und ihre On-Off-Gefühle nicht überzeugt. Ich konnte diese Frau nicht ins Herz schließen, Mitleid haben oder gar Sympathie entwickeln. Sie ist in meinen Augen einfach nur falsch. 
Andere Figuren schließen sich dem nahtlos an (näher darauf einzugehen, würde zuviel vom Inhalt verraten). Einzig der Großvater und die beiden kleinen Mädchen stechen etwas hervor. Allerdings sind diese drei eher schmuckes Beiwerk und tragen nicht großartig zur Handlung bei.

Die Jagd nach dem Mörder entwickelt sich recht strukturiert, was sich mit den Wortwiederholungen deckt, die stetig auftauchen. Sei es ein Name, wie "Blum.", "Dunja." oder "Mark." oder ihre Bezeichnungen für den Mörder, die nach jedem abhakten Punkt immer weniger werden. Alles hat ein gewisses System, was sich wie ein roter Faden durch das ganze Buch zieht. Trotz einiger Wendungen, ahnt man ab einer bestimmten Stelle, wer der Drahtzieher war und sieht sich damit am Ende bestätigt.
Durch eben dieses Systematik und Abarbeitung von Blum, wird es irgendwann eintönig. Lediglich ihre abgebrühte Art lässt einen öfters die Augenbraue hochziehen.

Letztendlich hat mich das Buch unzufrieden zurückgelassen. 
Der Schreibstil hat mich bis zum Ende gestört. Normal kann ich in einem Buch versinken, stelle mir innerlich die Figuren vor und vergesse alles um mich herum. Das ist mir hier nicht gelungen. Abschnittsweise war ich dann mal "drin" um im nächsten Moment durch einen Ein-Wort-Satz wieder rausgehauen zu werden. Selbst das "Punkt & Komma überfliegen" half da nicht mehr.

Die Idee hinter allem ist gut, ebenfalls der Aufbau des Buches mit den zahlreichen Kapiteln und die etwas eigensinnige Dialogdarstellung. Dennoch konnte ich mich nicht genug hineinfinden, keine Figur "lieb" gewinnen oder gar den Wandel der Blum nachvollziehen. Die Jagd war mir dann zu systematisch, aber vielleicht war sie das auch, weil alles bei Totenfrau Blum systematisch von sich geht.
Mich hat lediglich das Interesse am Ausgang davon abgehalten, dass Buch beiseite zu legen.

Ich würde das Buch nicht nocheinmal lesen oder gar weiter empfehlen. 
Ich weiß aber, dass es einigen Lesern gefallen hat, also am besten die ersten Kapitel (nicht nur den Prolog) lesen und danach selbst entscheiden.

3 von 10 Punkten