Rezension

Entwicklungsroman

Miroloi - Karen Köhler

Miroloi
von Karen Köhler

Bewertet mit 5 Sternen

Ein Mädchen wächst auf einer abgeschiedenen Insel auf, die kaum von Fremden besucht wird. Das Mädchen hat nicht einmal einen Namen, da ihre Eltern unbekannt sind. Sie wurde als Baby in Zeitungen gewickelt vor der Tür des Betvaters gefunden. Als einer der Stammesanführer kümmert er sich liebevoll um das von der Dorfjugend verspottete Mädchen. Doch einen Namen gibt er ihr nicht, da die Gesetze der Insel das verbieten.

Wir Leser lernen die Insel, das „schöne Dorf“ und die dort lebenden Menschen aus der Sicht des Mädchens kennen. Ihre Sprache ist naiv einfach, ihre Tätigkeiten füllen sie voll aus. Bis sie 16 ist und sich ihr Leben verändert. Mit der Hilfe ihres Ziehvaters lernt sie – gegen die Gesetze der Insel – das Lesen. So weiten sich ihr Horizont und ihre Gedanken. Auch ihre Sprache verändert sich. Doch ihr Leben wird gefährlicher, denn niemand darf wissen, dass sie lesen kann.

Karen Köhler ist mit diesem Buch ein großer Wurf gelungen. Ich hatte das Glück, es im Rahmen einer Leserunde kennenzulernen und so die unterschiedlichsten Meinungen zu hören. Die einen sagen, das sei ein Buch für Jugendliche, die anderen finden es schlicht und einfach zu negativ. Manche stören sich an der Sprache, andere wollen wissen, wo diese Insel in der Realität liegt.

Ich fand das Buch einfach nur großartig. Es transportiert eine Entwicklung, eine Menschwerdung. Es beinhaltet Glaubensaspekte verschiedener Religionen. Es zeigt auf, wie sehr Menschen an der Macht hängen und mit allen Mitteln versuchen, diese auszuweiten. Eifersüchteleien gefährden Freundschaften und nur wenige sind bereit, für andere einzustehen. Für mich hatte dieses Buch Aspekte eines Märchens, das die Wirklichkeit des Lebens überspitzt darstellt. Sicher findet man hier keine heile Welt. Trotzdem begegnet man Menschen, die das Beste aus der Situation machen. Und: Der Mut des Mädchens, das trotz all der Widrigkeiten für sein Überleben kämpft, ist einfach bewundernswert.

Der Inhalt dieses Buches wird bei mir noch lange nachwirken!