Rezension

Episch, aber mit Schwächen

Priester - Trudi Canavan

Priester
von Trudi Canavan

Bewertet mit 3 Sternen

Auf dem Kontinent Ithania herrschen zwei große Religionen vor, der Zirkel und die Pentadrianer. Im Norden des Kontinents wird die zirklische Priesterin Auraya zur fünften Weißen, den höchsten Götterdienern, gewählt. Damit verbunden ist große magische Macht, aber auch hohe Erwartungen. Denn an ihr ist es nun, einige Länder Nordithanias zu einem Bündnis mit den Zirklern zu bringen. Dazu benötigt sie zum einen die Unterstützung der Traumweber, einem von den weißen Priestern als heidnisch verachteter und teilweise verfolgter Kult, zu denen auch Aurayas alter Freund und Lehrer Leiard gehört. Zum anderen fällt es ihr zu, das Volk der geflügelten Siyee in die Allianz aufzunehmen.

Als dann jedoch mehrere schwarz gewandete Zauberer auf dem nördlichen Kontinent gesichtet werden, stehen die Zeichen auf Krieg. Denn es gilt, eine Invasion der Pentadrianer aus dem Süden zu verhindern.

 

Canavan hat mit dem Kontinent Ithania eine umfangreiche Welt mit zahlreichen Charakteren und fast genauso vielen Handlungssträngen geschaffen. Allein dieses schiere Ausmaß (auch an Seiten) macht das Buch bereits zu einem Epos. Die Autorin beweist dabei einen sicheren Schreibstil, der gut verständlich und eingängig ist.

Sie schafft einige interessante Charaktere. Während Auraya mir persönlich etwas zu stereotypisch die mächtige Priesterin ist, gleichen die anderen das gut aus. Der Traumweber Leiard gibt dem Leser Einblick in die Lebensweise und Philosophie des Kultes, dem er angehört. Der Siyee-Erfinder Tryss hat nicht nur mit der Funktionalität seiner Erfindungen zu kämpfen, sondern auch mit sozialer Anerkennung. Und die unsterbliche Emerahl, deren Potenzial sich in diesem Band noch längst nicht vollständig entfaltet, wird von Träumen heimgesucht, die nicht ihre eigenen sind und deren Urheber sie sucht.

Somit bietet die Geschichte viele Facetten und mit den eigens von der Autorin entwickelten Rassen, den Siyee und den Elai, genug Elemente, die neugierig machen und zum lesen anregen.

 

Allerdings gibt es auch einige Aspekte, die negativ auffallen:

So hat das Buch mit seinen gut 800 Seiten einen Umfang, der langatmige Passagen quasi vorprogrammiert. Somit mag es für manchen Leser bisweilen schwierig sein, genug Geduld zum weiterlesen aufzubringen.

Zudem werden Leser der Sonea-Trilogien sicherlich deutliche Parallelen erkennen. Nicht nur ähnelt Auraya der Schwarzmagierin vom Charakter her merklich, auch die große Gesamthandlung von „Priester“ ist jener aus der „Gilde der schwarzen Magier“ zu ähnlich und damit für Kenner dieser Trilogie relativ vorhersehbar, von kleinen Seitenhandlungen einmal abgesehen.

Auch die Form der Magie hat mich persönlich zu sehr an Canavans Vorgänger-Trilogie erinnert. Zwar verfolgt sie im „Zeitalter der Fünf“ einen anderen Ansatz, wo die Magie herkommt, in ihrer Ausformung gleicht sie den „schwarzen Magiern“ aber frappierend. Manch einem mag das gefallen, da man es einen gewissen Wiedererkennungswert bietet, ich persönlich finde diese Ausformungen aber eher weniger kreativ.

 

Insgesamt gebe ich dem Buch also folgende Bewertung:

Es ist ein grundsolides Werk, allerdings nicht geeignet für eilige Leser. Kenner und Liebhaber anderer Canavan-Bücher werden auch diese Geschichte vermutlich mögen, denn die Autorin bleibt ihrer Linie insgesamt treu. Zusätzlich baut die Geschichte genug Potenzial auf, um auch das Interesse für die folgenden Bände zu wecken.