Rezension

Ereignisarm mit erzählerischem Höhepunkt am Ende

Ungeschehen - Tina Seskis

Ungeschehen
von Tina Seskis

Bewertet mit 3 Sternen

"Ungeschehen" handelt von Emily Coleman, die eines Tages beschließt ihre Ehe und alles, was damit verbunden ist, hinter sich zu lassen. Ausgestattet mit einem Zugticket beginnt sie ein Leben, das ihrem bisherigen in keinster Weise ähnelt. Auch wenn die Sehnsucht nach der familiären Geborgenheit am Anfang noch groß ist, die Erinnerung verblasst nach und nach. Doch dann ereignen sich Geschehnisse, die Emily zwingen sich mit ihrer Vergangenheit auseinanderzusetzen, sei es noch so schmerzlich.

Der Klappentext, der Titel, das Cover und auch die Leseprobe versprachen eine spannende Handlung, die noch für einige Überraschungen sorgen könnte. Da genau diese Erwartung nicht erfüllt wurde und auch kein komplett anderes spannendes Thema aufgemacht wurde, ist "Ungeschehen" nicht mehr als solide Unterhaltung. Natürlich war es spannend Emilys/Catherines neues Leben zu verfolgen, die ganze Zeit mit der Frage im Hinterkopf: Warum tut sie das? Zum Glück wurde diese Frage wirklich erst ganz am Schluss beantwortet, denn die Spannung auf die Beantwortung der Frage war das einzige, was mich während der Lektüre bei der Stange halten konnte. Natürlich kann man auch bemerken, dass "Ungeschehen" erzähltechnisch ein Kunstwerk ist, da sehr raffiniert und auch in einem psychologischen Sinn mit den Erzählperspektiven gespielt wird. An dieser Stelle merkt man, dass Tina Seskis durchaus was auf dem Kasten hat.

Ansonsten aber war der Plot vor allem langatmig. Dieser Eindruck kam zu Stande, weil Kapitel aus Emilys/Catherines Sicht immer wieder unterbrochen wurden durch Kapitel aus der Perspektive von Nebenfiguren. An dieser Stelle muss Nebenfiguren wirklich betont wurden, denn während die Erzählung aus Carolines oder aus Bens Sicht durchaus interessant und für die Geschichte auch fördernd waren, waren mir die Eltern und auch Angel vollkommen egal. Alle drei sind nie mehr als Randfiguren gewesen und dennoch musste ihre Psychologie abgehackt durch kurze Kapitel dargestellt werden. Genau dieser Stil war es dann aber, dass ich sie als störend und hindernd für den Verlangen weiterzulesen empfand. Leider wurde kurz vor der großen Auflösung dann der ganze Plot so dramtisch zugespitzt, dass es auch noch in dem bis dato soliden Teil unglaubwürdig wurde. Sehr, sehr schade!

Dennoch hat "Ungeschehen" noch einen wirklichen Höhepunkt zu bieten. Die Auflösung hinter den Gründen für Emilys Beweggründe war komplett überraschend. Zuerst war ich sauer, dann habe ich ungläubig zurückgeblättert, ob das handlungslogisch in Ordnung geht, habe über den Klappentext geflucht, um dann festzustellen, das er in keiner Weise etwas falsches verspricht und dann habe ich anerkannt, dass das wirklich ein gelungener Twist war.

Für mein Fazit bleibt aber dennoch vor allem Enttäuschung zurück. "Ungeschehen" ist sicherlich von einer sehr begabten Autorin geschrieben worden, aber dass es der Erstling ist, kann nicht verheimlicht werden. Viele gute Ansätze werden durch eine lahme Geschichtenentwicklung und Unsauberheiten im Stil zu nichte gemacht. Das Ende ist zwar überraschend und wirklich gut gelungen und dennoch reicht dies nicht, dass ich diesen Roman vollsten Herzens empfehlen könnte. Dies kann ich nur mit Einschränkungen, daher 3 Sterne!