Rezension

Erfrischend frech

Das Schlossgespinst - Hans-Henner Hess

Das Schlossgespinst
von Hans-Henner Hess

 

„Ich deichsel das schon.“  Ganz optimistisch und voll Selbstvertrauen gibt sich Fickel, Strafverteidiger und „Terminhure“ am Meininger Amtsgericht, als er den Fall der alten Elfriede Langguth annimmt. Die  Rote Elfriede, wie sie als Bürgermeisterin zu DDR-Zeiten genannt wurde, hat den Schlossverwalter und Vorsitzenden des Historischen Vereins auf Herausgabe ihres Eigentums  -  eines Original-Notenblattes von Brahms  -  verklagt. Allerdings kommt die überzeugte Kommunistin nicht mehr in dessen Besitz: sie stirbt. An Altersschwäche? Oder steckt vielleicht mehr dahinter?

Um das herauszufinden greift der Fickel auf recht unbürokratische Methoden zurück.

Auch Kriminalrat Recknagel ermittelt, wobei ihm sein Bauchgefühl die Richtung weist.  In Kooperation mit der Oberstaatsanwältin Gundelwein, die pikanterweise Fickels Ex-Ehefrau ist, begibt er sich auf Spurensuche. Allerhand dunkle Geheimnisse kommen dabei ans Tageslicht.

In salopper Sprache und flottem Stil hat der Autor Hans-Henner Hess eine quicklebendige Geschichte geschrieben: einen Kriminalfall, der sich in der biederen thüringischen Stadt Meiningen abspielt. Die Aufklärung des mysteriösen Todesfalles führt den Leser bis in die gut vernetzten, höchsten Gesellschaftskreise und bietet dem Autor zahlreiche Möglichkeiten, seinen Text mit satirischen Kommentaren und Details zu  Kleinstadtleben und (speziell ostdeutscher) politischer Vergangenheit und Gegenwart im allgemeinen und besonderen zu spicken.

Im Vordergrund stehen dabei die witzigen, teilweise boshaften Schilderungen der Mitwirkenden und die frechen Seitenhiebe auf (insbesondere) den Kreis der Juristen.

Eine Besonderheit in diesem Kriminalroman sind die Fußnoten. Diese erklären nicht nur Fachbegriffe oder DDR-Fachjargon, sondern geben dem Autor gleichzeitig Gelegenheit zu eigenwilligen, ironischen Interpretationen.

Voll kleiner Nadelstiche ist „Das Schlossgespinst“ eine Lektüre für Leute, die Satire mögen, ein Roman, der nicht nur oberflächlich unterhält.