Rezension

ergreifende Geschichte

Der Poet der kleinen Dinge - Marie-Sabine Roger

Der Poet der kleinen Dinge
von Marie-Sabine Roger

Bewertet mit 5 Sternen

"Wie viele Menschen abonnieren aus Versehen das Unglück und kündigen dann nie wieder?" - So lautet eine Frage in Marie-Sabine Roger neuem Roman "Der Poet der kleinen Dinge" und sie trifft auf so ziemlich jeden Protagonisten dieses Buches zu.
Denn mit Ausnahme des behinderten Gérard, der zwar weder richtig sprechen noch laufen kann, sich aber dennoch über alles freut, sind alle unglücklich.

Eine der beiden Ich-Erzähler ist die Alex, eine 30jährige, jungenhafte und stille Weltenbummlerin mit Bindungsangst, die an keinem Ort länger als ein paar Monate bleiben will und aus Angst vor der Trennung keine engeren Bindungen eingeht. Während sie für ein paar Monate auf einer Hühnerfarm jobbt, mietet sie ein Zimmer bei Gérards Bruder Bernard und dessen Frau.

Bernard steckt in der festgefahrenen Ehe mit seiner dominaten Ehefrau Marlène und kann sich nicht gegen sie durchsetzen. Marlène hasst es, wie sich ihr Leben entwickelt hat, und ist frustriert darüber, dass der Bruder ihres Mannes, den sie als Klotz am Bein empfindet und andauernd beschimpft, bei ihnen wohnen muss.

Der zweite Ich-Erzähler Cédric ist mit seinen 28 Jahren perspektivlos: Kein Job, von der Freundin nach mehrjähriger Beziehung verlassen und Probleme mit den Eltern. Statt sein Leben in den Griff zu kriegen, verbringt er seine Tage am Kanal mit seinem ebenso unentschlossenen Freund Oliver, auch genannt "der Zackenbarsch".

Schon bald nachdem Alex bei Gérards Familie eingezogen ist, beginnt, was sie eigentlich nie wollte. Sie baut eine Bindung zu dem schwerbehinderten Mann auf und verbringt ihre Freizeit damit, ihm das Leben angenehmer zu machen. Dabei trifft sie auch auf Cédric und Oliver.

Die Autorin beschreibt auf eine sehr charmante Art mit einer schönen, klaren Sprache, wie der behinderte Gérard, der Gedichte auswendig kann und immer fröhlich zu sein scheint, das Leben seiner Mitmenschen beeinflusst und wie diese bei den Versuchen ihm das Leben schöner zu machen, auch Auswege aus ihren eigenen Miseren finden.

Ein wirklich schönes Buch mit schwierigen, aber auch liebenswerten und glaubhaften Charakteren und einer ergreifenden Geschichte!