Rezension

Erneut ein ganz starker Thriller – zu einem schockierenden und bewegenden Thema

R.I.P. - Yrsa Sigurdardóttir

R.I.P.
von Yrsa Sigurdardottir

Bewertet mit 5 Sternen

Ein fesselnder und brillant ausgearbeiteter Thriller mit einem sehr ernsten, ja erschreckenden Grundthema.

„Vorsicht ist geboten, wenn es um die Seele geht.“ (S. 60)

 

Meine Meinung:

„R.I.P“ ist der dritte Fall für den isländischen Ermittler Huldar Traustason. Man kann ihn problemlos lesen, ohne die Vorgänger zu kennen, da der Fall in sich abgeschlossen ist. Allerdings wird viel Bezug genommen auf die zwischenmenschlichen Beziehungen zwischen den Protagonisten, allen voran zwischen „Mängelexemplar“ Huldar und der (nicht immer ganz so) toughen Freyja sowie zu Huldars  Chefin Erla, was das ganze zusätzlich interessant und die Charaktere sehr plastisch und menschlich macht.

 

Der Fall an sich hat einen klassischen „Thrillerauftakt“. Man ist als Leser hautnah dabei, wie die 16jährige Stella Hardardottir Opfer eines Verbrechens wird. Entsprechend schnellt der Spannungsbogen gleich zu Beginn in die Höhe. Wie schon in den Vorgängerbänden entwicklet Yrsa Sigurdardóttir hieraus gekonnt eine komplexe und verwirrende Story, in deren Verlauf sowohl die Ermittler als auch die Leser*innen mehr als einmal ein dickes Fragezeichen vor Augen haben – und keine Idee, wie das alles zusammenpassen könnte. Geschickt werden nach und nach Charaktere eingeführt, die sich merkwürdig verhalten oder durch andere Hinweise verdächtig erscheinen. Hinzu kommt das vertrackte Rätsel um „Opfer Nr. 1“. Hier kann man also mal wieder perfekt mitraten und miträtseln. Zwischendurch habe ich tatsächlich ein paar richtige Vermutungen gehabt, ohne jedoch auch nur im Ansatz zu erahnen, wie groß und komplex die letztendliche Auflösung sein wird. Am Ende bekommen wir ein regelrechtes Gänsehaut-Finale serviert. Das ist für mich wirklich „Thriller“ at it´s best!

 

Zu diesem extrem spannenden und vollkommen überzeugenden Thrillerplot hat sich die Autorin einem sehr ernsten und in der breiten Öffentlichkeit leider noch oft unterschätzten Problem gewidmet: Mobbing. Das, was ihre Charaktere hier erleiden und erlitten haben, ist wirklich oft schwer zu lesen und bedrückt extrem. Es geht hier um menschliche Dramen, die keiner erleben sollte, und um die Abgründe der Seele. Denn auch wenn dies hier natürlich alles fiktiv ist, ist einem als Leser*in doch bewusst, dass sich solche Fälle tagtäglich in unseren Schulen ereignen – und das noch immer viel zu wenig dagegen unternommen wird  („Das Schulsystem hatte immer wieder versagt“ - S. 69). Wenn ich nicht sowieso schon 5 Sterne vergeben würde, bekäme Yrsa Sigurdardóttir von mir noch einen Extra-Stern dafür, dass sie mit ihrem neusten Bestseller das Thema ein weiteres klitzekleines Stück in die öffentliche Wahrnehmung rückt. Danke!

 

FAZIT:

Ein fesselnder und brillant ausgearbeiteter Thriller mit einem sehr ernsten, ja erschreckenden Grundthema.