Rezension

Ernste Themen gut verpackt, wenn auch nicht ganz perfekt...

All die verdammt perfekten Tage
von Jennifer Niven

Bewertet mit 4 Sternen

Seit dem Tod ihrer Schwester fällt es Violet schwer ins "normale" Leben zurückzufinden. Sie hat sich von ihren Freunden abgekapselt, sich in sich selbst zurückgezogen und sie leidet schwer am Verlust von Eleanor. Als sie auf den Glockenturm der Schule steigt und über einen Sprung in den Tod nachdenkt, rechnet sie nicht damit, das sie dort oben nicht allein ist. Auch Finch, der Freak steht am Rande des Turms und denkt über das Sterben nach. Als er Violet erblickt beschließt er das heute kein guter Tag zum Sterben ist, schon gar nicht für Violet und so rettet er sie aus dieser gefährlichen Situation und heftet sich im wiederkehrenden Alltag an ihre Fersen. Mit jedem Tag den die beiden miteinander verbringen, erkennt Violet das Finch nicht der ist, für den ihn alle halten. Kein Freak, sondern ein lebenslustiger, etwas verrückter Typ, der ihr zeigt wie schön das Leben sein kann. Doch während Violet einen Weg aus dem Dunkel findet, droht es Finch zu verschlingen....

Meinung:
Über eine Woche ist es bereits her, das ich dieses Buch beendet habe und nach wie vor fehlen mir ein bisschen die Worte dafür, denn die Geschichte von Finch und Violet hat mich sehr zwiegespalten zurückgelassen.

Einerseits finde ich es großartig, mit welcher Eindringlichkeit sich Jennifer Niven ernsten Themen wie Depressionen, Suizid, Verlust, aber auch Hoffnung und Liebe annimmt, andererseits muss ich aber auch sagen, das sie mich mit ihrer Umsetzung etwas enttäuscht und meine Erwartungen nicht voll und ganz erfüllt hat.

Nach dem ersten Höhepunkt auf dem Glockenturm flacht die Spannung direkt ab und mündet in ein sehr schleppendes erstes Drittel. Es gewährt, besonders Dank der wechselnden Erzählperspektive einen guten Einblick in die Gedanken der Protagonisten und zeigt Facetten von Violets Alltag und Finchs "Verrücktheiten", von ihren Sorgen und Problemen und obwohl das wirklich interessant und auch wichtig für die weitere Handlung ist, hat es mich stellenweise schon fast ein bisschen gelangweilt.
Der Mittelteil wird etwas besser und ab hier liest sich das Buch wirklich angenehm, lässt allerdings jede Form an Emotion vermissen. Auf mich wirkte alles sehr nüchtern und der Funke ist einfach irgendwie nicht übergesprungen. Ich konnte mich zwar gut in die Charaktere versetzen, ganz besonders in Finch, dennoch hat es mich emotional nicht so berührt, wie ich mir das gewünscht hätte.
Im letzten Drittel wird es rasant und die Ereignisse überschlagen sich und auch wenn ich manch eine Wendung habe kommen sehen, war ich doch überrascht vom Ausgang der Geschichte.

Was mir gut gefallen hat war die zarte Liebesgeschichte die sich zwischen Finch und Violet entwickelt. Beide müssen sich ihrer Gefühle erst einmal richtig bewusst werden und sich dem anderen lernen zu öffnen, denn beide haben Angst davor verletzt zu werden.

Auch die Ausarbeitung der beiden Protagonisten fand ich wirklich toll, ich mochte beide gleichermaßen gern, auch wenn ich mich gefühlsmäßig besser in Finch hineinversetzen konnte, als in Violet.

Was mir wirklich nahe ging waren die verschiedenen, ernsten Themen der Geschichte. Hier war deutlich spürbar wie wichtig es der Autorin war über diese Themen zu schreiben. Es gibt am Ende auch noch eine Anmerkung von ihr, in der sie das noch einmal deutlich macht.

Anmerkung zum Hörbuch:
Das Hörbuch umfasst 2 CD's mit einer Laufzeit von über acht Stunden. Ich war ehrlicherweise skeptisch ob ich mich so lange auf ein Hörbuch konzentrieren kann, denn in Bezug auf Hörbücher bin ich wirklich ungeübt und meine Konzentrationsspanne ist da nicht besonders groß. Aber alle Skepsis war umsonst, denn die beiden Sprecher Patrick Möllen und Annika Braunmiller-Jest, machen den Roman zum absoluten Hörgenuss und so verging die Zeit wie im Flug.

Fazit:
Also alles in allem muss ich sagen, das mir "All die verdammt perfekten Tage" sowohl als Buch als auch als Hörbuch wirklich gefallen hat, weil es nicht gerade leichte Kost ist, weil es zum Nachdenken anregt, weil Jennifer Niven bei dem Krankheitsbild Depression sehr dicht an der Realität geblieben ist und eine Ausgewogenheit zwischen lichten und dunklen Momenten geschaffen hat. Die Protagonisten und ihre Entwicklung waren für mich weitestgehend authentisch, einzige Kritikpunkte sind und bleiben die für mich fehlenden Emotionen und ein schleppendes erstes Drittel.