Rezension

Erschreckend realitätsnahes Zukunftsszenario

Dry - Neal Shusterman, Jarrod Shusterman

Dry
von Neal Shusterman Jarrod Shusterman

Bewertet mit 4 Sternen

„Dry" ist ein Einzelband und stammt aus der Feder von Neal Shusterman und Jarrod Shusterman. Da Neal Shusterman mich bereits mit seinen Reihen "Vollendet" und "Scythe" überzeugen konnte, musste ich sein neues Werk unbedingt lesen, das in Zusammenarbeit mit seinem Sohn entstanden ist.

Das Leben von Alyssa und ihrer Familie ändert sich von einem Tag auf den anderen dramatisch, als die Wasserzufuhr in Kalifornien unterbrochen wird. Innerhalb kürzester Zeit geschieht das Unvermeidbare: Jeder Tropfen Wasser zählt, Lebensmittelläden werden geplündert und es herrscht das Recht des Stärkeren. Gewalt gehört zur Tagesordnung, denn obwohl es noch nicht alle realisiert haben, der Kampf um das Überleben hat längst begonnen. Auch Alyssas Familie war nicht auf diese Katastrophe vorbereitet und steht plötzlich vor einem tiefen Abgrund voller Gefahren.

Der Einstieg in das Buch ist mir dank des angenehmen Schreibstils sehr leicht gefallen. Die Geschichte wird abwechselnd aus verschiedenen Perspektiven erzählt, sodass man einen guten Einblick in die Charaktere bekommt. Neben der eigentlichen Geschichte finden sich immer wieder kurze "Snapshots", die Einblick in verschiedene Ereignisse geben, die sich während der Wasserknappheit in verschiedenen Gebieten des Landes abspielen. Durch die Snapshots, die teilweise wie kurze Newsmeldungen wirken, wird die Geschichte noch ein Stück authentischer. Neal und Jarrod Shusterman ziehen den Leser Stück für Stück tiefer in eine Welt, die schon nach kurzer Zeit am Abgrund steht. Das Besondere an diesem Buch ist die absolute Realitätsnähe. Das schreckliche Zukunftszenario wird sehr überzeugend und authentisch dargestellt. Der Fokus liegt auf der Veränderung der Gesellschaft und der Menschen im Angesicht einer Katastrophe. Wie weit würde man gehen, um zu überleben? Was passiert mit einem Menschen, der langsam verdurstet? Bricht die Zivilisation komplett zusammen oder gibt es noch Hoffnung? Für mich ist dieses Buch vergleichbar mit einer Reportage. Man bekommt einen guten Rundumblick, ist entsetzt vom Geschehen, doch Einzelschicksale bleiben eher außen vor. Es zählt mehr das große Ganze. Aus diesem Grund konnte ich wenig mit den einzelnen Charakteren mitfühlen. Die Geschichte ist düster und beim Lesen macht sich Beklemmung breit. Man muss über dieses Buch einfach nachdenken. Nur die Nähe zu den Charakteren fehlte mir leider komplett. Abgesehen von diesem kleinen Kritikpunkt verspricht "Dry" jede Menge Spannung. Ich konnte das Buch kaum aus der Hand legen und habe es an einem Tag durchgelesen.

Mit "Dry" haben Neal und Jarrod Shusterman ein erschreckend realitätsnahes Zukunftsszenario geschaffen. Einmal angefangen, kann man sich der Geschichte kaum noch entziehen. Wer noch an das Gute geglaubt hat, wird spätestens nach dem Lesen von "Dry" darüber erschüttert sein, wie schnell eine funktionierende Zivilisation zusammenbrechen kann. Von mir gibt es für diese düstere Dystopie gute vier Sterne.