Rezension

Erschreckende Schicksale als Ergebnis sttatlicher Erziehung in einem Unrechtssystem

Stiefkinder der Republik -

Stiefkinder der Republik
von Angelika Censebrunn-Benz

Mehr als 30 Jahre ist es nun her, dass die Deutsche Einheit vollzogen wurde. Manche Wunden aber bleiben, unabhängig historischer Ereignisse. Genau eine dieser Ursachen rückt das vorliegende Buch der Historikerin Angelika Censebrunn-Benz in den Fokus der Leserschaft. In der Tat ein sehr dunkles Kapitel der Geschichte: der Umgang staatlicher Stellen mit Kindern und Jugendlichen, die ihre maßgebliche Entwicklungs- und Reifungszeit in den Heimen der ehemaligen DDR verbringen mussten.

Einleitend skizziert die Autorin das ausgeklügelte System des DDR-Heime, den Aufbau, die Grundlagen und Zielsetzungen der "Erziehung" in den genannten Heimen.
Einen breiten Raum widmet Cernsebrunn-Benz neben den Kurzbeschreibungen verschiedener Heime (nebst Einordnung in die Hierarchie des Heimsystems) der Darstellung persönlicher Schicksale ehemaliger Heimkinder. Grundlage für diese Schilderungen stellen in erster Linie Interviews, Telefonate und persönliche Treffen mit den Betroffenen dar. Die nachwirkenden Folgen staatlicher Erziehung in den Heimen lässt die Leserschaft teilhaben an den persönlichen Schicksalen.
So fällt das Fazit der Autorin auch recht ernüchternd aus: in kaum einem Fall gelang den Heimkindern ein reibungsloser Übergang in das Privat- und Berufsleben.

Der Inhalt des Buches spricht ein Thema an, das eher ein Schattendasein fristet. Um so erschütternder sind die Lebensgeschichten der Persönlichkeiten, die bereit waren, sich zu ihren Erlebnissen zu äußern. Die Grenzen des Vorstellbaren werden immer wieder aufs Neue gesprengt. Die Lebensgeschichten der ehemaligen Kinder sind Beleg für ein dunkles Kapitel deutscher Vergangenheit in einem Unrechtssystem.
Das Fazit gelingt der Autorin besonders gut. Hier fasst sie die schrecklichen Befunde ihrer Forschungen nicht nur zusammen, sie kommentiert es auch sehr persönlich und einfühlsam.
Die Porträts gelingen aus meiner Sicht recht unterschiedlich. Allen gemein ist ein schreckliches Erleben, der Bezug zu den Personen und die "Mitnahme" der Leser gelingt, die persönliche Betroffenheit welche die Porträts bewirken sind differenziert zu sehen.