Rezension

Erschütternd leichtfüßig erzählter Irrwitz

Die Abenteuer des Joel Spazierer
von Michael Köhlmeier

Bewertet mit 3 Sternen

Ein Schelm, der dieses Buch für einen Schelmenroman hält

 

Michael Köhlmeier, mit literarischen Preisen reich dekorierter österreichischer Autor, hat 2013 mit "Die Abenteuer des Joel Spazierer" seinen bislang vorletzten Roman vorgelegt. Er erzählt das Leben eines Mannes, dem Gut und Böse keine Kategorien darstellen. Mit Charme und dem Aussehen eines Engels gesegnet, täuscht er von Kindesbeinen an erfolgreich seine Umgebung und wird quasi immer zufällig in immer neue Abenteuer verwickelt, in denen er Erfahrung mit Lüge, Prostitution, Erpressung, Mord und Hochstapelei sammelt und die ihn nach einer traumatischen Kindheit in Budapest und Wien durch halb Europa, Mexiko und schließlich in die DDR führen, wo er als falscher Professor in höchsten politischen Kreisen Karriere macht. Eine Läuterung könnte nur sein Erkennen darstellen, dass der Sinn des Lebens darin besteht, für einen einzigen, ganz bestimmten Menschen (in Spazierers Fall die heroinabhängige Janna) da zu sein. Hier aber versagt er letztlich. Gespickt mit philosphisch-theologischen Zitaten von Meister Eckhart und Augustinus ist dieser nach Art eines Schelmenromanes wie Grimmelshausens "Simplicissimus" geschriebenes Buch, ein schillerndes Kaleidoskop süffig erzählter Episoden, deren Zusammenstellung freilich etwas beliebig und dessen metaphysische Ebene doch reichlich konstruiert wirkt. Trotz allem ein spannender und stilistisch flüssig geschriebener Roman, in dem auch ein alter Bekannter aus vorangegangenen Büchern Köhlmeiers, quasi als Berater Spazierers bei der Abfassung von dessen Autobiographie, wieder auftaucht: der Schriftsteller Sebastian Lukasser. Als Psychogramm eines rätselhaften Charakters ein grandios und auf hohem Niveau gescheiterter Roman und doch lesenswert in seinen vielfältigen Erlebniswelten.