Rezension

Erschütternd und fesselnd

Der Goldene Handschuh
von Heinz Strunk

Bewertet mit 5 Sternen

Ich muss es so sagen: Obwohl mir beim Lesen mehrfach übel wurde, konnte ich dieses Buch nicht aus der Hand legen. Warum? Weil die Story ungeschönt ist. Weil es diese Art von Menschen gab und ganz sicher noch gibt. Es gibt sie, die "Säberalmas" (Frauen, die vom Alkoholmissbrauch ein Speichelproblem haben) oder "Schimmlige" (dieses Wort bedarf keiner Erklärung), die ganz hinten in 24-Stunden Kneipen vor sich hin vegetieren oder dort sogar unbemerkt sterben.

Das Buch ist unglaublich gut geschrieben. Da passt jeder Satz, jedes Wort. Allerdings schaffte der Autor es nicht, mein Mitgefühl oder gar Verständnis für dieses Monster Honka zu wecken, das nicht. Aber ich habe nun eine etwas andere Sichtweise auf diesen Menschen. Und auf seine Opfer. Ob mir das jetzt gefällt oder nicht.

Ich kann das Buch jedem Leser empfehlen, der einmal einen Blick auf die absoluten Verlierer, den sogenannten "Abschaum der menschlichen Gesellschaft", werfen möchte. Aber Vorsicht, dieser Blick ist sehr schwer auszuhalten.

Ach, eins noch: Die "grell komischen" Dinge habe ich in diesem Buch gar nicht wirklich wahrgenommen. Aber ich möchte nicht ungerecht sein, ich war und bin immer noch absolut schockiert.

Fazit: Eine erschütternde Millieustudie über ewige Verlierer. Schwer zu ertragen.

Kommentare

Philipp Buschatz kommentierte am 25. März 2016 um 21:31

"Grell komisch" - dieser Satz hat mich auch gewundert. 

Ich war ja auf der Lesung zum Buch, und im Saal haben anfangs echt viele gelacht. Der Humor (das Wort "Humor" ist nicht richtig, mir fällt gerade kein anderer, passenderer Begriff ein, ich weiß gar nicht, ob man noch von "schwarzem Humor" sprechen kann), also dieser "Humor" nimmt dem Buch nichts von seiner Schärfe, er verstärkt das Grauen vielmehr noch. 

Die "komischste" Szene ist ja vielleicht die Hafenrundfahrt. Das Gelaber vom Kapitän. 

Am ehesten beschreibt es vielleicht die Phrase "Lachen, das im Halse stecken bleibt". Ist zwar eine reine Phrase, passt aber zu dem Buch ganz gut vielleicht.

Ach, ich weiß nicht. Mich hat das Buch echt an Grenzen geführt. Muss es jetzt erstmal verarbeiten. 

katzenminze kommentierte am 31. März 2016 um 21:38

Du warst auf einer Lesung von Strunk? Wie war es denn so? In knapp drei Wochen ist er nämlich auch hier und ich würde es mir gerne anhören. Das Buch scheint ja schon hart zu lesen zu sein. ;) Lohnt sich die Lesung? Beziehungsweise ist sie eine gute Vorbereitung auf das Buch?

Philipp Buschatz kommentierte am 01. April 2016 um 21:19

Lohnt sich auf jeden Fall! Heinz Strunk ist ein begnadeter Vorleser. 

Am Anfang wurde viel gelacht, auch an eher unpassenden Stellen. Beim Lesen der Vorteil: man kann einfach mal kurz Pause machen, bei einer gut 90-minütigen Lesung geht das nicht (obwohl es tatsächlich 15 Minuten Pause zwischendrin gab). 

Und die Stellen im "Hamburger Schnack" kommen live schon noch viel besser rüber. 

 

katzenminze kommentierte am 06. April 2016 um 22:04

Ok, danke das hört sich gut an. Ich hatte ihn noch bei Lanz im Interviev gesehen und er hat da so gestottert und absolut unflüssig erzählt, dass ich schon fast keine Lust mehr hatte. Aber wenn er ein toller Vorleser ist langt mir das. :)