Rezension

Erschütternde Autobiografie

Meine Flucht aus Nordkorea - Yeonmi Park

Meine Flucht aus Nordkorea
von Yeonmi Park

Bewertet mit 5 Sternen

Yeonmi Park war noch ein Kind, gerade mal 13 Jahre alt, als sie mit ihrer Mutter dem Hunger und dem drohenden Straflager ins vermeintlich bessere China entfloh. Doch dort waren sie noch lange nicht in Sicherheit. Chinesische Menschenhändler nutzen die Notlage der Flüchtlinge schamlos aus, verkaufen sie zur Prostitution, als „Ehefrauen“ für einsame Chinesen oder behalten sie selbst als „Geliebte“. Sie drohen ihnen, sie nach Nordkorea zurück zu schicken, wo sie die Exekution erwartet, und zwingen sie so, bei ihren verbrecherischen Geschäften mitzumachen. Doch es gibt auch dort einfühlsame Menschen, die Yeonmi und ihrer Mutter zur weiteren Flucht verhalfen. Nachts, bei Eiseskälte, mussten sie sich durch die Wüste Gobi quälen, bis sie endlich die Mongolei erreichten, wo ihnen südkoreanische Diplomaten die Ausreise nach Seoul ermöglichten. Endlich in Sicherheit - aber auch in Freiheit?

Die Autorin Yeonmi Park wurde im Oktober 1993 in Hyesan/Nordkorea geboren. Sie stammt aus einer einstmals angesehenen Familie der oberen Schicht, bis der Vater nach dem wirtschaftlichen Zusammenbruch des Landes wegen Schwarzmarktgeschäften in ein Arbeitslager kam, wo er Zwangsarbeit leisten musste. Jetzt drohte auch dem Rest der Familie die Inhaftierung, weshalb sie sich 2007 zur Flucht entschlossen. In Südkorea holte Yeonmi Park 2009 die verlorene Schulbildung nach und studierte dann zunächst an der Dongguk University in Seoul. Bekannt wurde sie als Menschenrechtlerin, als sie 2014 auf dem „One Young World“-Gipfel eine aufsehenerregende Rede über ihre Erfahrungen in Nordkorea hielt. Danach zog sie nach New York, wo sie als Aktivistin tätig war und ihre Memoiren schrieb. 2016 setzte sie ihr Studium an der Columbia University fort, heiratete am 1.1.2017 und bekam im März 2018 einen Sohn.

Von Nordkorea weiß man eigentlich nur, was von der dortigen Regierung zensiert über die Nachrichtensender zu erfahren ist. Man kennt das Gesicht des derzeitigen Herrschers Kim Jong-un, Sohn des verstorbenen Kim Jong-il und Enkel des Staatsgründers Kim Il-sung, und hat Bilder der Militärparaden in Pjöngjang im Kopf – das war’s dann auch schon. In dieser Autobiografie berichtet Yeonmi Park schonungslos über Leben und Tod in diesem Land, über die bittere Armut, über Hunger und Kälte und über die unbeschreiblich brutale Unterdrückung der Bevölkerung. Man erfährt, dass sich die Kims wie Götter verehren lassen und jede noch so geringe Abweichung von ihren Regeln unweigerlich ins Straflager oder gar zum Tode führt. Unter diesen Umständen scheint eine Flucht, und ist sie auch noch so beschwerlich, wirklich der einzige Ausweg zu sein.

Fazit: Die erschütternde Lebensgeschichte eines Mädchens, einer jungen Frau, die Unbeschreibliches erleiden musste und die dennoch gestärkt daraus hervorging. Ein Buch, das zu lesen starke Nerven erfordert, das nachdenklich stimmt und das dankbar macht, in einem Land wie Deutschland zu leben.