Rezension

Erschütternder Schicksalsroman

Drei Tage und ein Leben
von Pierre Lemaitre

Bewertet mit 5 Sternen

Bereits die Leseprobe auf Vorablesen.de zu dem Buch "Drei Tage und ein Leben" zog mich absolut in Ihren Bann. Einerseits entsetzt über das Thema und sofort mit dem Gedanken behaftet wie ein Autor überhaupt auf so eine Idee kommen kann (denn so eine Geschichte ist denke ich mal bis jetzt ziemlich einzigartig) fesselte mich doch das Drama rund um den 12-jährigen Antoine an den Bildschirm. Und da mir die ersten beiden Kapitel absolut keine Ruhe gelassen haben, habe ich mir das Buch nach dem Erscheinungstermin selbst besorgt und innerhalb nur eines langen Leseabends, als wäre die Zeit stehen geblieben, regelrecht verschlungen. Die Geschichte ist einmalig und faszinierende, das Cover zeigt mir den 12-jährigen Remi - den Mörder - der doch eigentlich nur wie ein ganz normaler aber todtrauriger Junge aussieht und man möchte ihn am Liebsten in den Arm nehmen und ganz fest halten - Ihn - einen Mörder?

Die Geschichte beginnt im Jahr 1999 im französischem Örtchen Beauval. Der 12-jährige Antoine ist ein Außenseiter und mir nicht gerade symphatisch. Von seiner Mutter erhielt er das Verbot mit seinen "Freunden" PlayStatio zu spielen und so vertreibt er sich seine viele freie Zeit zusammen mit dem Nachbarshund im Wald, wo er sich alleine ein faszinierendes Baumhaus baut. Voller Stolz zeigt er dieses seiner Schulfreundin Emilie, für die er insgeheim schwärmt, doch Emilie lacht Ihn nur aus. Und dann muss er auch noch mit zusehen wie sein treuer Weggefährte, der Nachbarshund, ermordet wird. Todtraurig und voller Wut im Bauch begegnet er dann noch im Wald seinem Nachbarsjungen Remi. Aus einem Reflex heraus trifft Antoine Remi mit einem Stock an der Schläfe - dieser ist sofort Tod. Und nun kann man die Spannung fast spüren, als läge sie greifbar vor einem. Antoine begreift sofort was nun Schlimmes passiert ist. Er ist ein Mörder!

Was nun in den folgenden Tagen folgt sind zwei Dinge:
Zum Einen dürfen wir die ausgereiften Gedanken von Antoine verfolgen. Wie geht man nach so einem Geschehen mit sich selbst um? Behält man alles für sich - aber wie schwierig muss das sein? Oder stellt man sich selbst an den Pranger? Für Antoine auch keine gute Alternative... So quält er sich durch die nächsten vielen Stunden - beherrschend von der riesigen Angst dass die Leiche von Remi entdeckt wird und er als Täter überführt wird - sowie mit durchführbaren Flucht- und Selbstmordgedanken.
Zum Anderen erlebt wir - wie es nach dem Verschwinden eines Kindes üblich ist - eine groß aufgezogene Suchaktion nach Remi, in die neben der Polizei auch viele Dorfbewohner integriert sind. Nach zunächst erfolgloser Suche bricht auch noch ein gewaltiger Sturm gefolgt von Hochwasser und großer Zerstörungskraft über das Dorf herein und das Leid Aller verdrängt die Sorgen um Remi.

Im Zweiten und Dritten Teil des Buches macht der Autor dann Zeitsprünge in die Jahre 2012 und 2015. Wie geht es Antoine und allen anderen Mitwirkenden jetzt? Wurde der Mord aufgeklärt oder blieb alles ein dunkles Geheimnis? Lasst Euch überraschen und mitnehmen in das finstere Dorf Beauval.

Was mir guten Schluss zu sagen bleibt: Hut ab vor dem Autor Pierre Lemaitre! Natürlich muss jeder Buchautor viel Phantasie, Wissen und Recherche aufbringen um ein wirklich gelungenes Werk zu abzuliefern. Aber wie sich Herr Lemaitre in die Thematik hineinversetzen kann - wie es einem Kind nach einem solchen Schicksal ergeht - ist sicher einmalig und faszinierend. In ergreifender Stille, gespickt mit viel Angst, Wut und Trauer führt er uns durch die vorliegenden 250 Seiten. Für diese Geschichte, die mir selbst sicher noch lange immer mal wieder im Kopf herumgeistert, gebe ich sehr gerne 5 hochverdiente Sterne.