Rezension

Erst in der zweiten Hälfte ist Fitzeks eigener Stil zu erkennen

Das Paket
von Sebastian Fitzek

Bewertet mit 4 Sternen

Zwar ist mir Sebastian Fitzek schon länger ein Begriff, aber „Das Paket“ ist tatsächlich erst mein erster Psychothriller von ihm. Klar, die Vorschusslorbeeren sind groß, aber ich habe mich dennoch bemüht ohne große Erwartungen an dieses Buch heranzugehen. Dennoch kam ich nicht umhin recht lange Parallelen zwischen „Die Wahrheit“ von Melanie Raabe und eben diesem Thriller zu ziehen. In beiden Fällen haben wir es mit einer Frau zu tun, von der wir als Leser nicht sicher sein können, ob wir uns auf sie als Protagonistin und ihre Sicht auf die Dinge verlassen können. Damit wächst dann eben das Misstrauen gegenüber der anderen Figuren: sind sie wirklich so oder doch die Bösen/Guten?

Ich bin zwar ein großer Fan von Raabe und ihrem Schreibstil, aber wenn man sich dann bei einem anderen Autor daran erinnert fühlt und sei der Schreibstil noch so gut, dann ist da irgendwie immer ein fader Beigeschmack dabei. Nur gut, dass sich „Das Paket“ knapp nach der Hälfte der Seiten in eine andere Richtung entwickelt, so dass ich letztlich auch die Besonderheit des Autors Fitzek greifen kann. Am Ende bin ich wirklich einige Mal an der Nase herumgeführt worden. Auf wenigen Seiten ist plötzlich sehr viel Handlung passiert, aber ohne, dass diese Masse in irgendeiner Weise übertrieben wirkte. Diese Wendungen gipfeln in einem zufriedenstellenden Ende, so dass ich wirklich mit einem guten Gefühl aus meiner ersten Fitzek-Erfahrung gegangen bin.

Fitzek macht letztlich für mich aus, dass er wirklich auf der psychologischen Ebene eine hochintelligente Geschichte bietet. Ich lese so viele vermeintliche „Psychothriller“, so dass ich froh war, dass hier wirklich sowohl Psycho als auch Thriller drin war. Die Anordnung der verschiedenen Zeitperspektiven und Erzählweisen war zwar an manchen Stellen etwas verwirrend (und gerade am Ende haben sich die Perspektiven fast schon zu beliebig geändert), aber das trägt eben zu einem großen Teil der Spannung bei. Und die Spannung ist wirklich dauerhaft vorhanden, mal durch die Perspektive, aber überwiegend auch durch unerwartete Wendungen. Etwas stumpf wirkten dagegen die Kapitelenden. Diese endeten vermeintlich hochdramatisch, um im ersten Satz des nächsten Kapitels schon wieder aufgelöst zu werden. Das ist also etwas gekünstelt. Ansonsten zeigt sich aber durchaus, dass Fitzek eine genaue Vorstellung seiner Erzählkunst hat.

Fazit: Eigentlich kann Fitzek ja nichts dafür, dass ich „Die Wahrheit“ von Melanie Raabe zuerst gelesen habe und recht lange Parallelen ziehen musste. Das wirkt dann etwas fad, bestätigt aber eigentlich, dass sich beide Thriller-Autoren auf einem Niveau befinden. Letztlich erweist sich Fitzeks Stil auch anders als der von Raabe und beides gefällt mir ausgesprochen gut, so dass ich Sebastian Fitzek für die Zukunft definitiv auch auf meinen Zettel haben werde.