Rezension

erstaunlich menschlich

Nortons philosophische Memoiren - Håkan Nesser

Nortons philosophische Memoiren
von Håkan Nesser

Bewertet mit 4 Sternen

Unter den vielen Menschen da draußen gibt es eine ganz eigene Rasse: Die Hundemenschen – und dazu gehöre definitiv ich. Deshalb hat dieses liebevoll gestaltete Hardcover auch den Weg in mein Bücherregal gefunden. Insbesondere weil der tierische Protagonist Norton ein Vertreter der Rasse Rhodesian Ridgeback ist. Diese Hunde sind sehr speziell und das Leben mit ihnen ist definitiv eine wahrhaftige Bereicherung. Ich weiß, wovon ich schreibe, denn bei uns wohnt seit fast zwölf Jahren eben ein solches Exemplar. Vorrangig trifft man ihn, genau wie Norton, auf der Couch an, denn: »Der beste Freund des Menschen ist der Hund, das ist eine Selbstverständlichkeit, doch der beste Freund des Hundes ist die Ledercouch.« (Zitat) Ich habe an vielen Stellen des Buches schmunzeln müssen, da ich so vieles wiedererkennen konnte, die s/w-Illustrationen von Karin Hagen unterstreichen den Text zusätzlich wunderbar und sind eine wahre Zierde.

Doch worum geht es eigentlich in diesem wenige Seiten dünnen Büchlein?
Håkan Nesser dürfte vielen Krimilesern bekannt sein. Dass er auch andere Genre bedienen kann, beweist er hier gekonnt. Es ist aber wohl auch eine Herzensangelegenheit, denn schließlich hat Norton ihn 11 Jahre lang durchs Leben begleitet – eine lange Zeit voller Erinnerungen, Freude und natürlich auch unweigerlich am Ende mit Schmerz und Trauer verbunden. Und so ist "Nortons philosophische Memoiren" sicher auch eine Hommage an seinen treuen Wegbegleiter, ein kompaktes "Fotoalbum" eines Hundelebens in Text und Bild.

Mit viel Humor, Leichtigkeit und Gelassenheit erzählt Norton Kierkegaard selbst Anekdoten aus drei Lebensstadien und teilt seine äußerst weisen Ansichten mit dem Leser. Er ist ein weitgereister Hund – Nordschweden, Südschweden, die Hauptstadt Stockholm, Exmoor in der Grafschaft Somerset und die New Yorker Upper Eastside sowie der Central Park, sieht sich dabei selbst als Philosoph (oder auch nicht) und Pazifist, mit der Jagd (wie seine Vorfahren) hat er allerdings nicht viel am Hut.

»Ich bin kein Philosoph. Ich bin ein Hund. Aber ich sehe aus wie ein Philosoph, der Ansicht sind die meisten, außerdem bin ich mir nicht sicher, ob der Unterschied tatsächlich so groß ist, wie man gemeinhin annimmt.« (Zitat)

Mich hat bei der Lektüre überrascht wie mühelos Nesser zwischen den Zeilen oder aber auch direkt in so einfacher, spielerischer Form, äußerst tiefsinnige Gedanken zu Papier bringen konnte. Andererseits ist es genau das, was wir Menschen von den Hunden lernen können. Das Leben ist eigentlich sehr einfach, wenn man eben das akzeptiert. Norton zeigt uns wie das gehen kann. Sich von Oberflächlichkeiten lösen, indem man zu den eigenen Stärken und Schwächen steht, macht uns liebenswert. Von Vorurteilen können wir uns sicher nicht komplett freisprechen aber wir können sie durchaus revidieren und so wunderbare Bekanntschaften oder sogar Freundschaften erleben. Die leisen und gemütlichen Momente im Leben schätzen zu lernen aber sich nicht vor Neuem und Unbekanntem verschließen, ist eine weitere Erkenntnis Nortons. Und schließlich ist da noch das Abschiednehmen, das unweigerlich zum Leben gehört.

»Mir ist bewusst, dass besonders Menschen das mit dem Sterben ein bisschen schwierig finden, aber für uns Vierbeiner ist es die natürlichste Sache der Welt. Alles hat seine Zeit: Man wird geboren, lebt, stirbt. Und alles Mögliche dazwischen und währenddessen.« (Zitat)

Fazit

Der Alltag des Lebens aus Sicht eines Hundes – mit Humor, Leichtigkeit sowie Verstand richtet Norton das Wort an seine Leserschaft, öffnet dabei die Augen und Herzen gleichermaßen. Lesenswert, nicht nur für Hundemenschen aber sicher ganz besonders für diese.