Rezension

Erstes Lesehighlight 2017

Tadunos Lied - Odafe Atogun

Tadunos Lied
von Odafe Atogun

Bewertet mit 5 Sternen

Ein Lied für die Menschlichkeit

„Wann immer er spielte, lehrte er seine Bewacher etwas. Er lehrte sie, dass sich Lebensqualität nicht unbedingt an den Annehmlichkeiten bemisst, die man genießt. Er lehrte sie, dass ein ehrenhaftes, beherztes Leben im Kerker fruchtbarer sein kann, als ein verlogenes, falsches im Elfenbeinturm.“

Inhalt

Als Taduno aus dem Exil zurückkehrt, hat sich alles verändert: seine Nachbarn und Freunde erkennen ihn nicht mehr, seine Stimme hat er durch Misshandlungen verloren und seine Freundin sitzt unschuldig in Gefangenschaft, weil man ihn, den begnadeten Musiker bestrafen wollte. Einzig die Tyrannei in seinem Land ist geblieben und mit ihr die Tyrannen, die ein ganzes Volk klein halten und unterdrücken. Taduno beschließt, seine Stimme wiederzufinden und mit ihr gegen seine Widersacher mutig anzutreten. Vielleicht gelingt es ihm dadurch seine Geliebte aus den Klauen des Feindes zu befreien. Doch bald schon merkt er, welch hohen Preis er zahlen muss, wenn er all seine Überzeugungen an Menschen verkauft, die weder ein Gewissen haben noch im Sinne des Allgemeinwohls handeln und so trifft er eine einsame Entscheidung im Einklang mit seiner Seele…

Meinung

Auf diesen Roman bin ich einerseits wegen seines schönen Covers aufmerksam geworden und andererseits schien mir der Klappentext eine interessante, bewegende Lebensgeschichte eines mutigen nigerianischen Mannes nahezubringen. Und genau das bietet „Tadunos Lied“ in formvollendeter Weise.

Taduno und seine sehr persönliche Geschichte hat mich von der ersten Seite an inspiriert und mir eine Geschichte voller Traurigkeit präsentiert, die dennoch nicht in der Hoffnungslosigkeit versinkt. Besonders gelungen empfand ich die zahlreichen tiefgründigen Themen, die Odafe Atagun in seinem Debütroman anspricht. Während der Leser zu Beginn eine erdrückende Last empfindet, die Taduno auf Grund seines Identitätsverlusts erleidet, hebt sich die Stimmung, nachdem endlich die Erinnerung seiner Mitmenschen zurückkehrt und seine Rückkehr gebührend gefeiert wird. Doch das Schicksal meint es nicht gut mit dem sehr einfachen, sympathischen Hauptprotagonisten, der eigentlich mehr als bescheiden leben möchte. Kaum hat er seinen Weg gefunden, ereilt ihn bereits der nächste Rückschlag, nunmehr die Bedrängung und Versklavung seines Volkes unter selbstsüchtigen Gesichtspunkten einiger korrupter Menschen.

Ein sehr schlichter, unprätentiöser Schreibstil erzeugt Melancholie und Stille, konzentriert auf die wenigen wichtigen Dinge im Leben, denen sich Taduno verschrieben hat: Liebe, Menschlichkeit, Aufrichtigkeit und Treue.

Fazit

Mit „Tadunos Lied“ habe ich mein erstes Lesehighlight im Jahr 2017 gefunden und vergebe hier 5 Lesesterne und eine unbedingte Leseempfehlung. Selten hat mich ein politisch orientierter Roman so bewegt, dass er mich stellenweise zu Tränen gerührt hat. Selten gibt es einen Protagonisten, der so selbstlos und christlich handelt, dass man zwischen Bewunderung und Anteilnahme schwankt. Und selten macht es mich traurig, das eine Geschichte beendet ist, die wirklich so erzählt wurde, wie man es sich wünscht: mit einem Mann, der an seinem Schicksal wächst und nicht daran zerbricht. Intensiv, bewegend und schockierend ehrlich – Daumen hoch für diesen gesellschaftskritischen Roman.