Rezension

Erwachsen werden im Hotel - Eine wunderschöne Geschichte!

Ein Hummerleben - Erik Fosnes Hansen

Ein Hummerleben
von Erik Fosnes Hansen

Bewertet mit 4.5 Sternen

Der 13jährige Sedd wächst bei seinen Großeltern in einem mondänen Hotel in den norwegischen Bergen auf. Doch der Betrieb hat schon deutlich bessere Zeiten gesehen, was jedoch nach außen hin mit allen Mitteln verborgen wird.
Für Sedds Großeltern ist eine gepflegte Ausdrucksweise und ein ebensolches Auftreten das Wichtigste überhaupt in ihrer Berufung als Hoteliers und ihr Enkel hat dies verinnerlicht. Er ist der (schon etwas ältere) Ich-Erzähler dieser Geschichte und macht dies in einer derart gewählten Sprache, dass ich mir öfter ein Grinsen nicht verbergen konnte. "Doch die Wahrheit drängt zum Licht, wie geschrieben steht, irgendwann verschafft sie sich freie Bahn, erst tröpfelnd, dann immer kraftvoller, bis sie als hymnisch triumphierender Gesang hervorströmt, ganz zum Beispiel wie in 'Wir leben' von Wencke Myhre." (Die Sedds Großmutter liebt und verehrt und deren Platten sie ständig spielt).
Sedd beschreibt zwei Jahre seines Lebens, in denen er unter anderem feststellt, dass seine geliebten Großeltern einige Geheimnisse vor ihm haben. Der Großvater weigert sich, die desolate Situation in der sich das Hotel befindet, anzuerkennen, auch wenn es immer mehr Anzeichen dafür gibt, die selbst Sedd erkennt. Und Fragen zu seinen Eltern werden, wenn überhaupt, nur sehr knapp beantwortet, sodass er detektivische Fähigkeiten entwickelt, um an Informationen zu gelangen. Auch für uns Lesende gibt es so manchen Aha-Effekt, wenn man plötzlich feststellt: Ach so, so ist das weiter vorne gemeint.
Überhaupt vermittelt der Autor derart gekonnt während der gesamten Lektüre das Gefühl, dass die Geschichte kein gutes Ende nehmen wird, was bei mir dazu führte, dass ich in dem Buch immer langsamer vorankam. Denn während ich voller Zuneigung und Interesse die Geschichte des jungen Sedd las, wollte ich dieses unschöne Ende, das ja kommen musste, gar nicht wissen. Doch auch hier gelingt Erik Fosnes Hansen eine Überraschung: Zwar traurig, doch völlig anders als erwartet endet das Buch. Und es lässt noch Raum für eine eventuelle Fortsetzung. Ich hätte nichts dagegen.