Rezension

Erwachsenwerden und Klarkommen in Episoden

Klarkommen -

Klarkommen
von Ilona Hartmann

Bewertet mit 4 Sternen

Bruchstückhaft, in mal sehr knappen, mal längeren Episoden gibt die Ich-Erzählerin in Klarkommen Einblicke in ihr Aufwachsen in einer Kleinstadt und später dem Studium in einer Großstadt, beides gemeinsam mit ihren Freunden Munia und Leon. Die Erzählung von Ilona Hartmann lebt dabei vom Kontrast dieser beiden Welten und das Austarieren dieser innerhalb der Ich-Erzählerin. 

 

Aus einer Welt in der Scheidungskind zu sein als Normalität gilt, es 40 Minuten mit dem Zug in die nächst größere Stadt dauert und das Auto so als Öffner eines neuen Möglichkeitsraums gilt, kommt sie in die lang ersehnte goldene Zukunft in der Großstadt, nur um dann festzustellen, dass diese in der Vorstellung viel goldener war als in der Realität, die ersehnte Selbstständigkeit plötzlich zur Erkenntnis führt, dass tatsächlich alles Geld kostet und auch das Studium ohne Vorbilder aus der eigenen Familie andere Herausforderungen bereithält. 

 

Das Episodenhafte im Stil beschreibt so auch ein Lebensgefühl des Erwachsenwerdens in dem wir uns ausprobieren, Erfahrungen sammeln, scheitern, Erfolge und Erkenntnisse feiern und so erst Stück für Stück herausfinden wer wir eigentlich sein wollen. 

 

Was den Roman greifbar macht, ist weniger eine konsequente  Ausarbeitung der Figuren, sondern der sehr pointierte, authentische Stil in dem er erzählt wird. Es sind oft vermeintliche Belanglosigkeiten von denen berichtet wird, und doch fängt die Autorin so eine eigentümliche Stimmung ein, die die Protagonist:innen prägt. Das Gefühl eines Dazwischen, nie zum richtigen Zeitpunkt am richtigen Ort zu sein, etwas zu verpassen, fehl am Platz zu sein - in der Kleinstadt wie der Großstadt und auch als Arbeiterkind an der Universität. 

 

Ab und zu fehlte mir jedoch die Tiefe, die sich durch das Episodenhafte nicht einstellen wollte, vielleicht auch gar nicht soll. Trotzdem regt der Roman zum Nachdenken an, über das eigene Aufwachsen, die aufregende Zeit des ersten Auszugs, eine Zeit in der alles möglich scheint und trotzdem manchmal scheinbar nichts passiert, und auch wie Herkunft uns prägt. Dank des authentischen, manchmal fast rotzigen Stils im positivsten Sinne hat mich Ilona Hartmann zudem mehr als einmal zum Schmunzeln gebracht. Klarkommen ist ein kurzweiliger zeitgenössischer Roman für zwischendurch, den ich gern empfehle.