Rezension

Erwartung übertroffen

Kuckucksmörder - Raimon Weber

Kuckucksmörder
von Raimon Weber

Ich sollte mit wirklich angewöhnen, an ein Buch keine allzu hohen Erwartungen mehr zu stellen, sondern völlig unvoreingenommen heranzugehen. Auf diese Weise wird man häufig positiv überrascht. Bei diesem Buch ging es mir genau so. "Kuckucksmörder" ist schon ein seltsam anmutender Titel, bei dem man sich zu Beginn nicht viel vorstellen kann, eigentlich erkennt man auch erst ganz am Ende des Buches, was mit dieser Überschrift überhaupt gemeint ist. Der Roman ist in zwei einfache und einigermaßen parallel verlaufende Handlungsstränge gegliedert, ganz am Anfang steht noch ein Abriss aus der Vergangenheit des einen Protagonisten. Insgesamt gibt es zwei Protagonisten, die bereits am Anfang aufeinander treffen. Die erste Hauptperson ist die Polizeibeamte Eva Flessner, deren beste Freundin Petra inklusive ihrer gesamten Familie mit Mann und zwei Kindern zu Beginn der Geschichte bestialisch ermordet aufgefunden wird. Eva leidet sehr darunter, ermittelt aber in diesem Fall nur inoffiziell, weil sie direkt involviert ist und die Sache nicht in ihre Zuständigkeit fällt. Die zweite Hauptperson ist Falk Stucke, ein freundlicher Kaufhausdetektiv mit einer sehr unerfreulichen Vergangenheit und einer massiven Persönlichkeitsstörung, die sich genau auf diese Vergangenheit gründet. Man erfährt schon relativ am Anfang des Buches, wer der Mörder ist, und das macht es erfreulicherweise nicht weniger spannend. Denn jetzt erhält der Leser exklusiven Einblick in die Gedankenwelt eines Psychopathen, sein verdrehtes Verständnis von Recht und Unrecht, man erkennt die erschreckenden Parallelen zum Erlebten in der Kindheit, man findet ihn sogar teilweise sympathisch. Stellenweise neigt man dazu, also zumindest ging es mir so, für den Täter tatsächlich auch Verständnis aufzubringen. Und dann stellt man sich automatisch schon die Frage - stimmt irgendwas mit mir nicht? Wenn ein Buch in einem Leser derartige Gefühle und Fragestellungen auslösen kann, dann ist es ein gutes Buch. Es ist gut verständlich, aber nicht zu simpel geschrieben, es liest sich flüssig, der Spannungsbogen bleibt im gesamten Verlauf der Handlung erhalten, und es wird an keiner Stelle langatmig. Der Roman ist relativ kurz und schnell durchzulesen. Für ein unterhaltsames Thrillervergnügen ist er voll und ganz zu empfehlen, auch wenn er es sicherlich nicht zur Weltliteratur schaffen wird.