Rezension

Erwartungen

Was wir sind - Anna Hope

Was wir sind
von Anna Hope

Bewertet mit 5 Sternen

Im Mittelpunkt von “Was wir sind“, Anna Hopes drittem Roman, stehen die Freundinnen Hannah, Cate und Lissa. Hannah und Cate kennen sich seit der Schulzeit. Mit Lissa leben sie als Studentinnen in einer WG in einer schönen alten Villa in London zusammen. Sie sind jung, und alles scheint möglich. Einige Jahre später hat Hannah eine gute Stellung in einer Stiftung und ist mit dem Universitätsdozenten Nathan verheiratet. Der einzige Wermutstropfen in ihrem Glück ist ihre Kinderlosigkeit. Irgendwann gerät die Ehe in eine Krise, weil Nathan sich Hannahs verbissenen Versuchen, durch künstliche Befruchtung schwanger zu werden, widersetzt. Cate ist mit dem Koch Sam verheiratet und mit ihrem sehr fordernden Baby Tom mehr als ausgelastet. Schlafmangel und ständige Überforderung treiben sie in eine Depression. Lissa, Tochter einer feministischen Aktivistin und Künstlerin, die immer unbeirrt ihren Weg ging und der Tochter oft das Gefühl gab, im Weg zu sein, erhofft sich eine Karriere als Schauspielerin, lange Zeit weitgehend vergeblich. Sie hält sich mit mehreren Nebenjobs über Wasser, um die Miete bezahlen zu können.

Hope erzählt die Geschichte der drei Freundinnen mit ständig wechselnder Perspektive und vielen Zeitsprüngen, wobei der Schwerpunkt auf dem Jahr 2010 liegt, als sich die Mittdreißigerinnen in ihren jeweiligen Krisen neu orientieren müssen. Mit großem Einfühlungsvermögen macht die Autorin die typische Entwicklung der jungen Frauen deutlich: Wenn wir jung sind, haben wir große Pläne für unser Leben und gehen davon aus, dass wir unsere hochgesteckten Ziele auch erreichen. Dann müssen wir zunehmend erkennen, dass die Jahre verstreichen und es einen erheblichen Unterschied zwischen unseren Erwartungen und unserem realen Leben gibt. Die Freundinnen erleben Krisen in ihren Beziehungen, und auch ihre Freundschaft, auf die sie so unbedingt gesetzt hatten, verändert sich. Es gibt auch dort Rivalität und Verrat, die alte Vertrautheit verschwindet. Am Ende begreifen sie und mit ihnen der Leser, dass wir demütig und mit dem zufrieden sein müssen, was wir haben. Ohnehin dauert es nicht lange, und alles ist vorbei.
Mir hat dieses einfühlsame, weise und auch sprachlich hervorragende Buch sehr gut gefallen.