Rezension

Erwartungen und Enttarnungen

Erbarmen
von Jussi Adler-Olsen

Bewertet mit 4.5 Sternen

Der erste Fall für Carl Mørck vom Sonderdezernat Q. Unterstützt wird er dabei von seinem Assistenten Assad. Gemeinsam widmen sie sich unaufgeklärten Fällen, die lange Zeit in Vergessenheit geraten waren. Zufällig stoßen sie auf die vor Jahren verschwundene Parlamentsabgeordnete Merete Lynggaard, die nach erfolgloser Suche inzwischen als tot gilt. Der Leser erfährt allerdings gleich zu Beginn: Merete ist nicht tot, sie wird gefangen gehalten und aufs schlimmste psychisch terrorisiert. Es beginnt ein Wettlauf gegen die Zeit, denn Meretes Entführer wollen ihr Martyrium langsam aber sicher beenden.

Durch den Klappentext neugierig gemacht, habe ich mir das Buch vor einiger Zeit gekauft und auch sofort gelesen. Der Prolog um die Gefangenschaft Meretes ist sehr spannend, aber sobald sich die Erzählung auf Carl Mørck konzentriert, beginnt diese Spannung etwas abzuflauen. Es dauert eine gewisse Zeit, bis er auf den ungelösten Fall stößt bzw. gestoßen wird und erste Erkundigungen einzuholen beginnt. Dies wird regelmäßig durch die Vergangenheit Meretes unterbrochen, was sehr auflockernd wirkt. Die Spannung wird nur langsam wieder aufgebaut und erreicht erst auf den letzten 100 Seiten ihren Höhepunkt. Von dort an bleibt das Buch allerdings bis zum Schluss sehr, sehr fesselnd.

Leider hat sich Jussi Adler-Olsen nicht sehr viel Mühe gegeben, den Entführer Meretes gut zu verstecken. Als regelmäßige Krimi- und Thrillerleserin wusste ich ziemlich schnell, wer dafür verantwortlich ist und auch der Grund wird all zu früh im Buch in einem Nebensatz erwähnt. Dieses Wissen hat die ganze Story natürlich etwas langweiliger wirken lassen, als sie so gewesen wäre. Trotzdem hat mir das Buch ziemlich gut gefallen. Carl Mørck ist zwar ein typisch nordischer Anti-Held, der aber auf seine Art sehr sympathisch ist. Er ist außerdem keiner der Ermittler, die nur tatenlos rumsitzen auf auf Hinweise von außerhalb warten. Er geht den Sachen selbst auf den Grund und hat seine Berufsbezeichnung verdient. Assad lockert den ganzen Krimi mit seiner herzlichen, manchmal tollpatschigen Art total auf. Er ist zwar nur ein „Mädchen für alles“, aber ohne ihn hätte das Buch nicht den besonderen Charme.

Fazit: Ein durchaus spannender und interessanter Krimi, der als Auftakt einer Reihe große Lust auf mehr macht. Einen Stern Abzug gibt es für die leichte Durchschaubarkeit.