Rezension

Erweckt die Lust zum eigenen Nachforschen!

Die versteckte Apotheke -

Die versteckte Apotheke
von Sarah Penner

Bewertet mit 4 Sternen

Eigentlich sollte es der perfekte Urlaub in London sein, anlässlich des 10. Hochzeitstags von Caroline und ihrem Mann James. Doch kurz vor der Reise erfährt sie, dass er sie betrogen hat. Daher fliegt sie alleine von den USA nach England. Um sich abzulenken, geht sie spontan an der Themse auf eine Mudlarking-Tour und entdeckt dort ein kleines Fläschchen. Dadurch wird ihr altes Interesse an Geschichte entfacht und sie setzt alles daran, um herauszufinden, woher dieses kleine Behältnis kommt. So kommt sie auf die Spur der versteckten Apotheke und deren mysteriöse Giftmischerin...

Die Geschichte wird abwechselnd aus den Ich-Perspektiven von Caroline (in der Gegenwart), Nella und Eliza (beide aus dem Jahr 1791) erzählt. Alle drei sind sehr spannende Persönlichkeiten, mit zum Teil sehr emotionalen Hintergründen. In sie alle kann man sich sehr gut hineinversetzen, obwohl man nicht unbedingt deren Meinungen teilt. Insbesondere Nella, die geheimnisvolle Apothekerin, ist sehr zwiespältig und über ihre moralischen Ansichten kann auf jeden Fall gestritten werden. Obwohl sie hilft, Morde zu begehen, tut sie einem oft auch leid und man erfährt durch Rückblicke, wie sie so geworden ist. Es ist sehr atmosphärisch beschrieben, wenn Nella die Nachrichten liest, die ihre Kundinnen für sie hinterlassen und sie sich schließlich daran macht, die bestellten Gifte herzustellen. Man kann sich bildlich vorstellen, mit in diesem engen, stickigem Raum zu stehen, während sie die Zutaten zubereitet. Ab und zu sieht man auch andere Orte im 18.Jahrhundert, wenn z.B. Eliza, ein junges Mädchen, in dem Haus ihrer Herrin ist. Ich hätte noch gerne noch mehr von London zu dieser Zeit gesehen und noch gerne andere Orte betreten.

Caroline lebt in unserer Gegenwart und möchte das Geheimnis der verstecken Apotheke lüften. Von Mudlarking hatte ich bisher nichts gehört, aber ich würde gerne an so einer Tour in London teilnehmen. Ihre Beziehungskrise mit James ist gut ausgearbeitet und auch meiner Meinung nach nachvollziehbar, nimmt aber doch etwas mehr Raum ein, als ich erwartet hätte. Im Nachhinein ergibt diese Rolle Sinn, aber ich hätte lieber noch mehr Geheimnisvolles aus dem 18. Jahrhundert erfahren. Auch hätte gerne mehr über die Angestellte der British Library, Gaynor, erfahren. Sie ist mir sehr sympathisch und ich hätte mich sehr gefreut, wenn sie mehr in die Geschichte eingebunden gewesen wäre und möglicherweise eigene Kapitel bekomme hätte. Vier Perspektiven hätten die Geschichte vielleicht mehr ausgeglichen. Generell hätte ich mir gewünscht, dass Caroline nicht alles alleine macht und sich mehr Gaynor anvertraut hätte.

Für mich war die Geschichte nicht ganz so rund, wie es hätte sein können. Zwei Perspektiven in der Gegenwart hätten der Story vielleicht ganz gut getan. Die Ehekrise ist wichtig für Caroline, damit sie erkennt, dass sie ihre eigenen Träume viel zu lange vernachlässigt hat. Dieser Aspekt des Buches finde ich großartig, da es eine tolle Message ist, auch auf sich selber zu achten und nicht nur das zu machen, was andere wollen oder erwarten. Dennoch hat mir dies zu sehr den Fokus von der Apothekerin genommen. Außerdem gab es ein paar Aspekte der Geschichte, die nur angerissen worden (Stichwort Buchhandlung) oder Figuren (Mrs. Amwell), die nur kurz vorkommen und dann nicht wieder oder nur am Rande auftauchen. Diese sind zwar nicht wichtig, aber hat es in meinen Augen nicht ganz rund gemacht. Die Auflösung beantwortet nicht ganz das Wie und Warum, ist jetzt für mich aber nicht weiter schlimm. Trotzdem hätte ich natürlich gerne noch mehr Antworten erfahren.

Trotz meiner Kritikpunkte überwiegen dennoch eindeutig die positiven Punkte. Die Figuren sind gut ausgearbeitet und nachvollziehbar, aber trotzdem nicht perfekt. Dies ist großartig, denn auch in der Realität sind wir alle auch zwiespältig. Die Geschichte der Apothekerin ist spannend, insbesondere zum Ende. Die Perspektivwechsel erzeugen noch mehr Spannung, da man unbedingt wissen will, wie es in der jeweils anderen Zeit weitergeht.
"Die versteckte Apotheke" hat auf jeden Fall den Wunsch in mir geweckt, selber auf Spurensuche zu gehen und Geheimnisse in meinem Heimatort zu entdecken. Ein größeres Kompliment kann man einem Buch, denke ich, nicht machen.