Rezension

Es dauerte ziemlich lange, bis die Geschichte Fahrt aufnahm, insgesamt gefiel sie mir dennoch

Just Another Missing Person – Findest du sie, wirst du alles verlieren -

Just Another Missing Person – Findest du sie, wirst du alles verlieren
von Gillian McAllister

Bewertet mit 3.5 Sternen

Auch diesen Thriller entdeckte ich bei NetGalley. Da mich der Klappentext reizte, fragte ich ein Rezensionsexemplar an und freute mich, es kurze Zeit später auf meinen Kindle laden zu können.

Als die junge Frau Olivia wird vermisst wird DCI Julia Day mit der Leitung der Ermittlungen betraut. Der Fall erinnert Julia sehr stark, an einen Vermisstenfall vor einem Jahr. Dennoch ist er ganz anders als all ihre Fälle zuvor, denn ein Maskierter lauerte ihr in ihrem Auto auf. Er verlangte von ihr, falsche Beweise zu platzieren, um den Verdacht auf einen ganz bestimmten jungen Mann zu lenken und ihn des Mordes anzuklagen. Sollte sie das nicht tun, wollte der Erpresser dafür sorgen, dass ein von ihr vertuschter Vorfall ans Licht kommt, der ihre Tochter ins Gefängnis bringen und Julia die Karriere kosten würde…

Nun habe ich das Buch ausgelesen und bleibe etwas zwiegespalten und nachdenklich zurück. Ich brauchte relativ lange, um in die Geschichte so richtig hineinzufinden. Sie wird aus den Perspektiven von drei verschiedenen Protagonisten erzählt. Für Julia wird die dritte Person verwendet, während Emma (die Mutter des Verdächtigen) und Lewis (als Vater einer vermissten jungen Frau) in der ersten Person zu Wort kommen. Obwohl ich die Geschichte durchaus recht flott lesen konnte, empfand ich den Schreibstil anfangs irgendwie kalt und unpersönlich. Die Autorin verwendet relativ kurze Sätze, knallte mir damit die Fakten um die Ohren und ich hatte einige Mühe, mit den Charakteren warm zu werden.

In der ersten Hälfte nervten mich vor allem die Erzählungen über Julia, weil ich oft das Gefühl hatte, dass ihr persönliches Dilemma immer wieder nur mit anderen Worten erzählt wird und nichts vorangeht. Auch den Vorfall, der Julia erpressbar machte, fand ich erst mal doof. Für mich persönlich war der ein klarer Fall von Notwehr und ich konnte ihr Verhalten von damals erst einmal überhaupt nicht verstehen. Das ließ mir dann auch in einer Lesepause, in der ich sogar über einen Abbruch des Buches nachdachte, keine Ruhe und ich recherchierte ein bisschen im Internet. Zu meinem Erstaunen musste ich dabei feststellen, dass die Notwehr nach englischem Recht dann doch nicht so eindeutig ist und die Befürchtungen Julias für ihre Tochter nicht aus der Luft gegriffen waren. Unter diesem Aspekt konnte ich ihr Handeln als Mutter dann doch sehr gut nachvollziehen und ich las weiter.

Emma war mir persönlich lange Zeit am nächsten und ich war, während sie zweifelte, echt froh, dass ich nicht in ihrer Haut stecke. Zur Identität des maskierten Erpressers hatte ich tatsächlich gleich den richtigen Riecher. Mit Lewis führte mich die Autorin allerdings lange Zeit ganz schön an der Nase herum. Dennoch kam bei mir erst in dem Moment wirklich Hochspannung auf, als ich begriff, um wen es sich bei ihm tatsächlich handelt. Ab diesem Zeitpunkt war es dann auch so, dass sich die Ereignisse nahezu überschlugen, die Geschichte mehrere unerwartete Wendungen nahm, ich das Buch nicht mehr aus der Hand legen konnte und früher gelesene Passagen, die ich als etwas langatmig oder verwirrend empfand, plötzlich einen Sinn ergaben. Auch das Ende hat mich noch mal überrascht, aber auch sehr nachdenklich gemacht.

Insgesamt hat mir die Geschichte, vor allem wegen des letzten wirklich spannenden Drittels, dann doch ganz gut gefallen und ich bin froh, dass ich mich bis dahin durchgekämpft und nicht abgebrochen habe.