Rezension

Es gibt Bücher, die sollte man nicht mit dem Verstand lesen

Die Sache mit dem Glück
von Matthew Quick

Bewertet mit 4 Sternen

Fast vierzig Jahre lang kannte er kein anderes Leben als dasjenige, das er bis zu ihrem Tod mit und für sie geführt hat.
Doch nun muss er seinen eigenen Weg finden.

 

Bartholomew verliert mit neununddreißig Jahren seinen größten Halt: Seine Mutter erliegt dem Krebstumor in ihrem Kopf. Während er ihre Hinterlassenschaften aussortiert, findet er in ihrer Unterwäscheschublade einen Aufruf von Richard Gere, in welchem dieser zum Boykott der Olympischen Spiele in China auffordert. Da Mrs. Neil ein großer Fan des Schauspielers gewesen ist und ihren Sohn kurz vor ihrem Ableben 'Richard' genannt hat, beschließt Bartholomew sich seine Sorgen, Ängste und Unsicherheiten in Bezug auf seine Zukunft von der Seele zu schreiben und zwar in Briefen an die scheinbar große Liebe seiner Mutter: Richard Gere.
Doch das soll nicht das Einzige bleiben, was ihn für immer verändern wird.

 

 

Matthew Quick kannte ich hauptsächlich wegen Silver Linings, doch sein neuestes Werk klang noch wesentlich skurriler. Deswegen musste ich es auch unbedingt lesen und bin fast nicht enttäuscht worden.
Die Geschichte wird im Großen und Ganzen von Bartholomew getragen, einer nicht ganz alltäglichen Figur. Nach außen hin scheint er völlig unselbstständig und viel zu naiv für sein Alter zu sein, aber immer wieder überrascht er den Leser mit einfachen Weisheiten, die wesentlich einleuchtender sind als so manche komplizierte philosophische Betrachtung. Dabei ist besonders sein innerer Zwiespalt unglaublich interessant, der seine Entwicklung so spannend wirken lässt: Er ist gefangen zwischen dem wütenden Männchen in ihm, das ihm nicht viel zutraut, und der Stimme Richard Geres, die er manchmal zu hören glaubt und die ihm Mut macht, das scheinbar Unmögliche zu wagen.
Und auch die übrigen Charaktere bestechen durch ihre Ungewöhnlichkeit und Skurrilität, die ihnen und dem Geschehen die richtige Würze verleihen, ohne übertrieben abgedreht zu sein. Nicht jeden von ihnen habe ich ins Herz geschlossen. Trotzdem enthalten sie alle Wahrheiten über bestimmte Mitmenschen in unserem Alltag, die man nicht leugnen kann.

 

Der Schreibstil ist dem Helden dieses Romans angepasst, da jener sämtliche Ereignisse in seinen Briefen an sein Vorbild schildert: Recht schlicht, vor allem in Argumentation und Beschreibung, und daher sehr flüssig zu lesen. Obwohl man die Handlung lediglich aus einer Perspektive erlebt, hat man sie oft wirklich plastisch vor Augen und kann Bartholomews Gedankengänge dazu leicht nachvollziehen. Man muss sich zwar auf seine Sicht der Dinge verlassen, wird dadurch allerdings des Öfteren dazu gezwungen, einen Sachverhalt mal ganz anders zu betrachten. Matthew Quick wechselt dabei zwischen lustigen und nachdenklichen Passagen gekonnt ab und konfrontiert einen auf diese Weise mit mehreren ernsten Themen wie Religion, zwischenmenschliche Tabus, Freundschaft, Liebe und alle voran die Suche nach eine eigenen Platz im Leben, selbst wenn man bereits fast vierzig Jahre alt ist.
Leider konnte der Schluss mich nicht ganz so überzeugen. Die einzelnen Auflösungen wirken etwas weit hergeholt und aufgesetzt, wenn man sie nicht bereits vorher geahnt hat. Zu schnell und zu konstruiert präsentiert der Autor gewisse Details, die zwar stimmig zum Rest sind, jedoch zu wenig ausgeführt werden.

 

Fazit

 

Matthew Quicks neustes Werk Die Sache mit dem Glück ist ein teils amüsanter, teils nachdenklich stimmender Roman über Selbstfindung und Selbstverwirklichung. Mit einem ungewöhnlichen Hauptcharakter, der gerade durch seine Unbedarftheit besticht, skurrilen Nebenfiguren, einfachen Weisheiten ohne komplizierte Ausführungen und vielen tragikomischen Situationen schafft der Autor eine Wohlfühlgeschichte mit ernsten Zwischentönen, die auch nicht mehr sein will.
Leider wirkt der Schluss etwas zu übereilt und zu sehr auf Happy End getrimmt, dass ein Stück weit des vorherigen Charmes der Handlung verloren geht.
Wer gerne Storys liest, die eher das Herz als den Verstand ansprechen, deren Protagonisten sich positiv vom üblichen Einheitsbrei abheben und Matthew Quick sowieso zu schätzen weiß, für den ist dieses Buch wunderbar geeignet.

Kommentare

evafl kommentierte am 02. Februar 2015 um 08:02

Möchte ich unbedingt lesen, werd ich mir dann wohl doch mal besorgen. :)