Rezension

Es gibt Dinge, für die es sich lohnt zu kämpfen und gegebenenfalls auch das eigene Leben zu riskieren!

Die Melodie der Schatten - Maria W. Peter

Die Melodie der Schatten
von Maria W. Peter

Es gibt Dinge, für die es sich lohnt zu kämpfen und gegebenenfalls auch das eigene Leben zu riskieren!

„Alleine, auf der Flucht, vor der Tür eines fremden Herrenhaues, inmitten der schottischen Highlands.“

Der Überfall auf ihre Kutsche kostete sowohl dem Kutscher, als auch Lady Fionas Tante Maud und dem mitreisenden Anwalt Dr. Keith das Leben. Auf der Suche nach Hilfe irrt die neunzehnjährige Fiona durch die raue Landschaft der schottischen Highlands. Sir Aidan Thirstane, Laird und Baronet von Thirstane Manor, gewährt der Tochter des Earl Hemington schließlich Unterschlupf. Dem düsteren Herrenhaus eilt ein schlimmer Ruf voraus, im Dorf munkelt man von dunklen Dämonen und wilden Flüchen. Die feinfühlige Fiona ist durch seltsame Ereignisse und Geräusche zunächst irritiert, erliegt aber trotz alledem ihrer unerklärlichen Anziehungskraft zu diesem alten Gemäuer. Eine Anziehungskraft, die sich bald auch auf den verschlossenen Laird ausweitet, der Fiona mit abweisender Arroganz und einer aufbrausenden Art begegnet. Den unnahbaren Mann umgibt eine dunkle Aura der Verzweiflung, er leidet an schlimmen Albträumen und kämpft mit seinen inneren Dämonen. Doch auch Fiona kämpft bereits ihr Leben lang gegen quälende Bilder und hört seltsame Klänge. Sie blickt auf eine einsame und lieblose Kindheit zurück, in der sie infolge ihrer außergewöhnlichen Wahrnehmungen stets abgelehnt und gedemütigt wurde. Aidans grobe und herablassende Bemerkungen schaffen es jedoch nicht, Fiona in die Flucht zu treiben, und nach und nach gibt es zarte und flüchtige Momente der Vertrautheit und Nähe zwischen Aidan und Fiona. Die zierliche Frau mit den zimtfarbenen Locken fühlt sich zum ersten Mal in ihrem Leben nicht mehr als ungewollter und ungeliebter Schandfleck der Familie, muss sich nicht mehr unsicher und beschämt im Hintergrund verstecken. Doch das große dunkle Geheimnis des Lairds droht die aufkeimende Zuneigung, ja sogar das gesamte Leben von Fiona, zu zerstören.

Maria W. Peter hat sich mit diesem außergewöhnlich schönen Roman und den wundervoll ausgearbeiteten Charakteren wieder einmal in mein Herz geschrieben. Die Autorin bedient sich einer bildhaften Sprache, die sehr viel dazu beitrug, die malerische und wildromantische Landschaft der schottischen Highlands sowie dieses düstere Herrenhaus lebendig und anschaulich zu gestalten.

Fionas und Aidans Darstellung zeichnet sich durch sehr hohe Authentizität aus, ihre inneren Seelenqualen und die Aufarbeitung der Vergangenheit wurde von der Autorin hervorragend dargestellt. Man liebt, lacht, fühlt und leidet mit den beiden Protagonisten und darf sich zudem über interessante und vielschichtige Nebenfiguren freuen. Aidans wortkarge Haushälterin Glenna Dunnett besticht durch ihre unerschütterlichen Treue und ihre sanfte, mitfühlende Art. Aidans Bursche Seoc ist ein schlaksiger Junge, der sich Fiona gegenüber ganz besonders feindselig verhält. Doch seine jugendliche Unsicherheit und seine zaghaften Ansätze von Freundschaft und Dankbarkeit haben mein Herz im Sturm erobert. Die schwatzhafte Wäscherin Elspeth stellt für Fiona durch ihr heiteres Gemüt einen kleinen Lichtblick dar, während der alte zahnlose Gärtner Duncan der englischen Sprache kaum mächtig ist und Fremde meidet. Aidans Freund Kari empfand ich als Bereicherung – seine stille, zuvorkommende und verlässliche Art und seine Aufgeschlossenheit ließen ihn rasch zu einer meiner favorisierten Nebenfiguren avancieren. Reverend MacKerron und seine Frau stellen Fionas Verbindung zum Dorf dar, ihre verständnisvolle Großherzigkeit machen sie zu echten Sympathieträgern. Nicht zuletzt wartet diese Geschichte natürlich auch mit Antagonisten auf – allen voran dem harten, selbstgerechten und kalten Earl Hemington sowie der Familie Thomson.

Den wunderschönen Schreibstil und die gewählte Sprache der Autorin habe ich bereits in einem ihrer anderen Romane zu lieben gelernt. Besonders faszinierend finde ich in diesem Buch die Verwendung einiger gälischer Ausdrücke, die im Anhang alphabetisch aufgelistet und übersetzt sind. Historische Romane ohne Glossar und Personenregister empfinde ich grundsätzlich als unvollständig. Beim vorliegenden Buch darf man sich nicht nur über die genannten Extras, sondern darüber hinaus auch noch über eine detaillierte Landkarte Schottlands zur Zeit der Handlung (1837) sowie ein ausführliches Register mit einigen Anmerkungen zu den historischen Persönlichkeiten, die in diesem Buch vorkommen, freuen.

Das große Geheimnis um Thirstane Manor und seinen Laird ist das zentrale Thema dieses Buches. Auf irgendeine Art und Weise scheint Fionas Vater den Unmut von Sir Aidan Thirstane auf sich gezogen zu haben. Der Handlung liegt aufgrund der Geheimnisse in der Vergangenheit ein gewisser Spannungsbogen zugrunde, der im Verlauf des Buches durch eine aufregende Verwicklung seinen Höhepunkt findet. Dem Leser wird in diesem eindrucksvollen Roman aus den schottischen Highlands alles geboten, was das Herz begehrt: eine wildromantische Landschaft, hervorragend ausgearbeitete handelnde Figuren, eine fesselnde Handlung und exzellent recherchierte historische Fakten.

Völlig begeisterte fünf Sterne für dieses fantastische Buch, das meinem Lesegeschmack in jeder Hinsicht entsprochen hat!