Rezension

Es hätte gerne etwas mehr sein dürfen!

Und Marx stand still in Darwins Garten - Ilona Jerger

Und Marx stand still in Darwins Garten
von Ilona Jerger

Bewertet mit 3 Sternen

Ich habe selten Erwartungen vor der Lektüre - doch diesmal war es so. Das ist wohl immer ein Fehler! Darwin und Marx sind bekannte Persönlichkeiten, man muss also schon wesentlich! mehr bieten, wenn man begeistern möchte als Wiki bereitstellt. Ein bisschen mehr hat die Autorin auch gebracht - es hätte aber ruhig noch ein bisschen mehr sein dürfen!

Zwei Seelen streiten, ach, in meiner Brust! Die eine ist meine angeborene Lehrerseele, die es gerne sieht, wenn Wissenswertes unter die Leserschaft gebracht wird. Und es ist das Verdienst der Autorin, auch der nicht so gebildeten Leserschaft einige nette Details aus dem Leben zweier berühmter Männer nahezubringen sowie die grobe Linie ihrer Hauptverdienste aufzuzeigen – soweit diejenigen, die ich im Auge hätte, tatsächlich zu diesem Buch greifen mögen und nicht zur nächsten Dystopie!

Die andere Seele, die für sich selber liest, seufzt immer wieder beim Lesen von mancher Bagatelle und beklagt sich über einen mäßigen Erkennnisgewinn! Die Waagschale zum Unguten enthält zu viele Nebensächlichkeiten, den erfundenen zur Informationsvermittlung benötigten Doktor Beckett, der meines Erachtens das Bild verzerrt, das sehr langweilige und unglaubwürdige Abendessen an Emma Darwins Tisch, die langen Szenen, die sich mit dem Sterben Darwins beschäftigen, die einseitige Gewichtung des Buchs zugunsten Darwins, die zu lang ausgezogene Frage des Glaubens, deren Diskussion dann doch nicht in die Tiefe der Tiefen geht, das Fehlen mancherlei mir viel wichtiger erscheinenden Phasen von Darwins Gedanken und Leben, die Verabreichung wichtiger Lebensstationen  Darwins in kurzen Rückblenden, während ich viel lieber live auf der Beagle gewesen wäre;  die Autorin hat es sich hier allzu leicht gemacht. Das alles spricht gegen eine höherwertigere Einschätzung des Büchleins. Ich hatte mir ausnahmsweise erheblich mehr versprochen von dem Titel!

Immerhin drängt sich die Frage auf: „War Charles Darwin wirklich so ein sentimentales Weichei?“ wie dargestellt und weckt solcherart tatsächlich Neugier. Wohin schlägt das Pendel aus? Die Sprache versöhnt etwas mit dem recht dürftigen Inhalt.

Fazit: Die Sprache ist schön, ich habe nichts auszusetzen, der Inhalt dagegen ist auf der mickrigen Seite. Es hätte so gerne etwas mehr sein dürfen!

Kategorie: Biographischer Roman
Verlag Ullstein, 2017

Kommentare

Steve Kaminski kommentierte am 06. August 2017 um 09:33

Hast Du mal was von Yalom gelesen? Etwa Das Spinoza-Problem (um Spinoza und Rosenberg) oder die Schopenhauer-Kur? Die sind m.E. inhaltlich interessant, wenn auch keine große Literatur.

Der arme Darwin - wenn vor allem die Frage, ob er ein Weichei ist, Neugier weckt!

wandagreen kommentierte am 06. August 2017 um 13:04

Dass er ein Weichei ist, das habe ich so interpretiert aus der Lektüre. Meines Erachtens ist er so dargestellt.

Emswashed kommentierte am 12. April 2018 um 07:46

Ich würde Deiner Einschätzung so gern widersprechen, aber es dauert noch ein wenig, bis ich das Buch (dank Dir) lesen kann... aber es kommt die Zeit! :-)

wandagreen kommentierte am 12. April 2018 um 08:28

Das solltest du jetzt noch nicht lesen!