Rezension

Es hat mich verloren!

All die verdammt perfekten Tage - Jennifer Niven

All die verdammt perfekten Tage
von Jennifer Niven

Bewertet mit 2 Sternen

Anmerkung: Ich habe das Buch als Rezensionsexemplar vom Verlag bekommen. Danke dafür.

 

 

Stil:

Der Schreibstil war okay. Er ist mir jetzt nicht besonders aufgefallen. Die Geschichte wird dabei aus den Sichtwiesen von unseren Protagonisten Violet & Finch geschildert.

 

Charaktere:

Die Charaktere waren mir leider ziemlich fern, weshalb das Buch es mir wirklich schwer gemacht hat mich einzufühlen. Obwohl wir hier scheinbar zwei Protagonisten haben, wird der Fokus doch sehr stark auf Finch gelegt. Es erschien mir recht unausgewogen. Da wo Violet nur ein Problem hatte, dass sie überwinden musste, hatte Finch gefühlte 100. Aber im Gegensatz zu Violet geht Finch diesen aus dem Weg, anstatt sich damit auseinander zu setzen oder sie überhaupt zu erkennen.

Seine Familie scheint beispielsweise keine richtige Familie zu sein. Jeder tut das, wozu er Lust hat & es interessiert keinen. Die Mutter redet sowieso nie mit einem ihrer Kinder & schien auch sonst nichts zu machen. Die Schwestern von Finch machen, wie er, immer das wozu sie lustig sind, ohne Konsequenzen. Selbst als Finch für einige Tage verschwindet, scheint es nicht mal jemandem aufzufallen. Der Vater lebt getrennt von der Familie, prügelt aber scheinbar jedes Mal auf Finch ein, wenn er ihn sieht.

Zudem ist Finch sehr sprunghaft. Heute findet er alles super & ist voller Tatendrang & morgen schon hat er schlechte Laune & will von niemandem was wissen. Es erschien mir recht wahllos wie sein Gemütszustand sich geändert hat. Das ergab am Ende alles dann einen Sinn. Allerdings hätte ich mir die Enthüllung, was mit ihm eigentlich los ist, viel früher gewünscht. So war mir der Charakter einfach nur fern, weil ich ihn nicht verstanden habe. Es war alles so weit weg von meiner Realität, dass es mich auch irgendwann nicht so richtig interessiert hat, was er sich diesmal wieder hat einfallen lassen.

 

Deshalb konnte ich auch Violets Gefühle ihm gegenüber nicht verstehen. Vor allem hat er sich zu Beginn ziemlich an sie geklettet, obwohl sie das offensichtlich nicht wollte. Selbst nach dem sie ihm klar zu verstehen gegeben hat, dass sie nichts mit ihm zu tun haben möchte, ist er Nachts oder Frühmorgens an Esstisch bei ihr aufgetaucht. Er hat scheinbar oft das Wort Nein nicht verstanden & hat sich dafür sehr creepy verhalten. Trotzdem hat sie sich in ihn verliebt & war irgendwann gern mit ihm zusammen. Ich hätte mich nach sowas ja nicht mal auf ihn eingelassen, geschweige denn mit ihm allein sein gewollt.

Allerdings hat sie, im Gegensatz zu vielen anderen Büchern dieser Art, mal an ihre Eltern gedacht. Was die wohl durch gemacht hätten, wenn sie zu Beginn tatsächlich Selbstmord begangen hätte. Das kommt wie gesagt, gefühlt sehr selten vor. Ist aber etwas, was mich bei solchen Büchern sehr beschäftigt. Dementsprechend hat mir das gefallen. War aber auch recht kurz.

 

Die Nebencharaktere erschienen neben Finchs Übermacht noch unwichtiger als Violet. Sie hatten sehr wenig Raum. Allerdings waren mir einige auch arg unsympatisch, wie Finchs große Schwester. In dem Zusammenhang kam auch eine Zeile auf, die ich als Bodyshaming, aber mal anders herum, betiteln würde. Denn ein Charakter hasste alle dünnen Mädchen, also alle, die eine kleinere Kleidergröße als 40 tragen. Das fand ich einfach unmöglich.

 

Plot:

Der Plot bestand vor allem aus vielen kleineren Roadtrips, die unsere Protagonisten gemeinsam unternahmen. Sie waren auch viel Zuhause oder in der Schule, aber die Roadtrips waren ein immer wieder aufkommendes Thema.

Das Ganze sollte die Lust am Leben & die Schönheit der Welt aufzeigen. Den Charakteren einen Grund zum weiter leben geben. Aber mich konnte es persönlich nicht so mitnehmen, was aber vor allem daran liegt, dass das Buch mich schon durch Finchs unverständlichem Charakter verloren hatte.

Zu diesem angesprochenem Lebensgefühl gehörten wohl die vielen Zitate aus berühmten Werken dazu. Für mich wirkte das aber etwas aufgesetzt (Möchtegern tiefsinnig). Das mag daran liegen, dass ich die Charaktere nicht verstanden habe, aber vielleicht auch an was anderem. Ich kann bei diesem Punkt definitiv nicht für alle sprechen.

 

Das Ende fand ich dann ganz schlimm. Dafür, dass das Buch so eine positive Message übermitteln wollte, hat das Ende doch alles wieder kaputt gemacht. Zumindest kann man das so aufnehmen & das habe ich leider auch. Mehr kann ich dazu nicht sagen ohne zu spoilern. Deshalb nun ein kleiner Spoilerpart bezüglich des Endes & was eigentlich mit Finch los ist.

 

 

SPOILER:

Finch hat eine Krankheit, die sich Bipolare Störung nennt. Er ist manisch depressiv. Er hat also manische Phasen, in denen er sehr happy ist & kaum still sitzen kann. Dann hat er aber auch depressive Phasen in denen er Selbstmordgedanken hat. Diese Phasen wechseln sich scheinbar wahllos ab, ohne einen richtigen Trigger zu haben. Wenn man diese Information schon viel früher im Buch gehabt hätte, dann hätte ich Finches Verhalten viel besser nachvollziehen können. Da wäre es für mich auch sicherlich interessanter gewesen, weil man etwas von seiner Krankheit erfährt. So war ich einfach nur verwirrt & hab es nicht recht verstanden. Man muss aber leider auch sagen, dass sich hier mit der Krankheit gar nicht beschäftige wurde. Es wurde nur einmal der Verdacht geäußert & das wars.

 

Am Ende bringt Finch sich doch tatsächlich noch um. Und das ohne, dass er sich mal mit seinen Problemen auseinander gesetzt oder sich Hilfe gesucht hätte. Und sein Verschwinden fällt außer Violet eigentlich zunächst keinem auf. Wie gesagt interessiert das seine Familie auch nicht groß. Erst als es schon zu spät ist, ist das Geschrei dann groß. Auf einmal schenken ihm alle Aufmerksamkeit, seine Familie bereut alles & Violet hat die Lebenslust zurück gefunden. Das ruft doch einen ganz komischen Geschmack hervor. Finch erscheint einem somit als Märtyrer, der im Tod erst seine Erfüllung findet. Ich weiß nicht so recht, ob das die beabsichtigte Message war. Sicher nicht, da es im Nachwort nicht so erschien. Aber es hat schon das Potential um so rüber zu kommen.

SPOILER ENDE

 

 

Fazit:

Das Buch hatte mich leider sehr schnell verloren. Violets Gefühle & besonders Finchs Verhalten konnte ich nicht recht nachvollziehen. Es war mir ein Rätsel & somit auch nicht so mitnehmend & interessant, da es mich verwirrte. Auf Finchs Zustand hätte man schon viel früher eingehen müssen. Und auch das Ende hat, meiner Meinung nach, für die Message viel kaputt gemacht. Deshalb habe ich leider nur 2 Sterne vergeben.