Rezension

Es ist nicht alles Gold...

Rivergold - Ally Condie

Rivergold
von Ally Condie

Bewertet mit 1.5 Sternen

Wie man es auch dreht und wendet, „Rivergold“ von Ally Condie ist mit großer Wahrscheinlichkeit mein Jahresflop 2019. Viel Positives kann ich über das Buch nicht berichten. Dabei hatte ich mich wirklich darauf gefreut. Denn Ally Condies Cassia & Ky-Trilogie mochte ich vor einigen Jahren sehr gerne.

Es fängt schon mit der Genrezuordnung an. „Rivergold“ ist eine Selbstfindungsgeschichte, ein Drama, eine Dystopie. Aber vor allem: Ein recht dünnes Geschichtchen über „Gold“, „Piraten“ und einen „Goldbagger“. Weshalb die Bezeichnung Dystopie vielleicht irreführend ist, denn eine Dystopie entwirft eine spezifische Zukunftswelt. Die sich hier eben auf die Schlagworte: Piraten, Gold und Bagger beschränkt.

Die Menschen in "Rivergold" leben in einem nicht näher definierten Außenposten. Es geht ihnen vorrangig darum, mit einem schiffsartigen (nicht näher definierten) Bagger Gold zu schürfen und Piraten zu töten. Weil die Piraten das Gold wollen und ihrerseits die Leute des Außenpostens töten.

Auch Romys große Liebe Call wurde (ihr ahnt es) von Piraten getötet. Seitdem ist sie zur kaltherzigen Einzelgängerin geworden. Von Rache getrieben, entwirft sie eine Killerwaffe für den Bagger, um – wie erwähnt – möglichst viele Piraten zu töten. Gemeinsam mit einer Crew macht sie sich ein paar Jahre später als Kapitänin des Baggers auf zu einer neuen Mission. Gold schürfen. Piraten töten. (Entschuldigt, dass ich mich wiederhole, aber die Handlung tut es ja auch.) Und dann werden sie überfallen. Von Piraten!

Wow. Bis kurz vor Ende geht es nur darum, ob ein Verräter an Bord ist, der mit den Piraten unter einer Decke steckt und um das Hin und Her während des Überfalls, einer planlosen Flucht vom Bagger und dem ebenso planlosen Versuch, den Bagger zurückzuerobern. Der Rest der Seiten ist angereichert mit Romys Schmerz über Calls Tod.

Dank des angenehmen Schreibstils der Autorin, den ich als einziges loben möchte, liest sich „Rivergold“ schnell und leicht, inhaltlich aber recht lahm und unglaubwürdig. Ich habe immer auf den Moment gewartet, in dem mich die Handlung endlich packt, ab der Hälfte jedoch die Hoffnung aufgegeben. Der Geschichte fehlt jeglicher Background. Flache Figuren lassen sie doppelt eindimensional wirken, so dass ich wirklich keine Minute mitgefiebert oder mitgelitten habe, obwohl durchaus dramatische Dinge geschehen.

Die Nebenfiguren sind nicht der Rede wert und tauchen meistens ebenso schnell auf, wie sie wieder verschwinden. Auch Romys Reifungsprozess wird wenig überzeugend vermittelt. Die 17-jährige soll einen hartgesottenen und innerlich zerrissenen Eindruck erwecken, benimmt sich aber wie ein kleines, naives Mädchen, das nicht über den Tellerrand hinausblicken kann und in einer anstrengenden Gedankenschleife feststeckt: Rache für Call! Mein Schiff! Mein Bagger! Tötet die Piraten! Dann, ganz plötzlich, hat sie eine Eingebung und sieht alles mit anderen Augen.

Auch überraschen kann die Story nicht. Bestimmte Wendungen lassen sich schnell erahnen und was man sich nicht denken kann, bleibt leider auch reichlich vage und offen. Zum Beispiel die Motivation des Antagonisten. Die wird zwar ansatzweise erklärt, ergibt für mich aber nicht ernsthaft Sinn. Überhaupt erschien mir das Ende irgendwie undurchdacht und unfertig.

Hätte die – in sich abgeschlossene – Geschichte als mehrbändige Reihe besser funktioniert? Mit mehr Raum für Charakter- und Weltenentwicklung? Vielleicht. Andererseits: Hätte ich das Ganze wirklich in drei oder mehr Bänden lesen wollen? Eher nicht. Dafür fehlte es mir an Begeisterung für die Idee. Ehrlicherweise muss man auch sagen: Es gibt viele hervorragende Einzelbände, die beweisen, dass eine geringere Seitenzahl nicht zwangsläufig „weniger packend“ bedeutet.

Fazit: „Rivergold“ war für mich eine unerwartet große Enttäuschung. Ein Buch, das sich schnell lesen lässt und schnell vergessen sein wird. Nichts darin hinterlässt bei mir einen bleibenden Eindruck.