Rezension

Es ist viel mehr ein psychologisch gut durchstrukturierter Kriminalroman, als ein Thriller

Ich bringe dir die Nacht - Catherine Ryan Howard

Ich bringe dir die Nacht
von Catherine Ryan Howard

Bewertet mit 3 Sternen

Der Klappentext dieses Thrillers hat mir richtig Lust auf diese Geschichte gemacht.
Doch so sehr ich mich auch freute, umso ernüchterter war ich nach den ersten Seiten. Denn es war keineswegs so nervenzehrend und actionreich, wie ich mir das vorgestellt hatte.
Auch hatte ich nicht das Gefühl einen Thriller zu lesen, viel mehr war es ein psychologisch sehr gut ausgearbeiteter Kriminalroman, der vor allem mit der Tiefe der Charaktere punktet.
Der Geschichte haftete von Beginn an schon eine bleiernde Schwere an, die das Ganze in die Tiefe drückte. Diese Schwere machte es etwas langatmig, obwohl die Geschichte selbst wirklich sehr interessant ist und für einige Überraschungen sorgt. Das Ganze deckt sich jedoch sehr gut mit Alison Wesenszüge. Das, was sie seit den Geschehnissen von vor 10 Jahren durchmachte, kam sehr gut an die Oberfläche und wurde damit sehr gut unterstrichen.

Der Schreibstil der Autorin ist sehr leicht und fließend. Sie legt immer eine gewisse Spannung und Erwartung in die Zeilen, daß man trotz Längen in der Geschichte, doch nicht wirklich davon loskommt.
Hierbei erfahren wir die Perspektiven von Alison, einer unbekannten Person, als auch von Will. Was es doch recht abwechslungsreich gestaltet. Doch zu meinem Leidwesen kam ich den Charakteren emotional gesehen nicht wirklich näher. Ich konnte keine rechte Bindung aufbauen, so sehr ich es auch wollte.
Alison selbst versprühte für mich eine unnahbare Kühle. Sie war nicht recht zu greifen. Oft dachte ich, jetzt hab ich sie. Doch dann verschwand sie wieder hinter ihrer unzerstörbaren Mauer.
Was aber auf einer gewissen Ebene auch sehr gut nachzuvollziehen war. Stück für Stück konnte man verstehen, wie aus einer lebenslustigen jungen Frau voller Ziele, Träume und Wünsche, eine Frau wurde, die an ihrem Erlebnissen zu knabbern hat. Es hat sie verändert. Ihre Seele, ihr Leben und das, was sie ausmacht. Eine Leere hat sich bei ihr gebildet, die sich nicht so einfach schließen lässt.
Insgesamt sind die Charaktere sehr vielseitig aufgebaut.
Sie sind authentisch und gerade psychologisch gesehen, fand ich sie wirklich sehr gut ausgearbeitet. Denn jeder birgt Ecken und Kanten, was sie doch menschlich gesehen, recht greifbar macht.
Am ehesten konnte ich tatsächlich Bezug zu Liz aufbauen, die ich eigentlich überhaupt nicht mochte. Doch ihre Wesenszüge haben mich immer wieder die Augen verdrehen lassen, was eine gewisse Emotionalität hervorruft.
10 Jahre sind eine lange Zeit. Alsison hat noch immer unter den Geschehnissen von damals zu leiden und plötzlich wird alles wieder nach vorne gezehrt.
Was richtet das in ihr selbst an?
Und die wichtigste Frage: Was ist damals tatsächlich geschehen?

Die Handlung selbst hat mich tatsächlich von Beginn an nicht losgelassen und ununterbrochen beschäftigt.
Dabei tauchen wir in Vergangenheit und Gegenwart ein. Was ich wirklich gut fand, da man sich so gut ein Bild von allem machen konnte. Ich konnte gewisse Aspekte in dieser Geschichte besser nachvollziehen und mich hineinfühlen. Die Entwicklung die dabei bei den Charakteren, als auch bei der Handlung vonstatten geht, ist sehr gut spürbar und nachzuvollziehen.
Leider ist das Tempo nicht sonderlich groß und so wird man mit vielen Details behäuft, wodurch sich einiges in die Länge zieht.
Die Ermittlungsmethoden konnte ich gut nachvollziehen und ein Puzzleteil an das andere reihen, bis es ein komplettes Ganzes ergibt.
Die Autorin macht dabei auch vor einigen Wendungen nicht halt. Die man jedoch ein Stück weit kommen sieht. Doch mit einigen Aspekten, hat sie mich tatsächlich überrascht und für sprachlose Momente gesorgt.
Es liegt so viel Berechnung, aber auch Kalkül dahinter, das ich letztendlich doch etwas überrascht war. Ebenso kommt die Verletzlichkeit und Traurigkeit dahinter sehr gut zum Ausdruck.
Das Ende ist gut in die Gesamtstory involviert und überrascht dabei noch einmal.

Schlussendlich ein Thriller, der leider kaum Nervenkitzel und Ängste hervorruft.
Es ist viel mehr ein psychologisch gut durchstrukturierter Kriminalroman, als ein Thriller.
Die Schwere, als auch die Längen haben mir ordentlich zu schaffen gemacht. Mit etwas mehr Tempo hätte man dem ganzen noch beikommen können. Dennoch überrascht dieser Thriller mit seinen Wendungen und damit, das man immer an der Geschichte dranbleiben möchte.
Wer es gern etwas psychologischer und detaillierter mag, könnte hierbei seine Freude haben.
Mich konnte es nicht ganz so umhauen, wie erhofft. Dennoch gut unterhalten.