Rezension

Es könnte jede/n treffen

Ich gehöre ihm - Angela Gilges

Ich gehöre ihm
von Angela Gilges

Ursprünglich veröffentlicht auf Books on Fire
https://www.booksonfire.de/2019/06/rezi-ich-gehoere-ihm.html

Zitat
"Ihr Geist bleibt verschwunden. Gebrochen und versteckt, findet sie ihn nicht mehr wieder. Die Lücke wird aufgefüllt mit Wut. Wut über die eigene Schwäche, Wut über die Unwissenheit der anderen, ihre Blindheit, ihre normalen Leben." - Kapitel 13, Seite 135.

Meine Meinung
Von dem Buch hatte ich das erste Mal auf der Leipziger Buchmesse 2018 gehört und wusste sofort, dass ich es lesen musste, sobald es erscheinen würde. Es kam dann im Januar 2019 endlich heraus und wieder verging etwas Zeit bis ich das Buch zur Hand nahm und las. Zu diesem Zeitpunkt hatte ich den Klappentext nur noch sehr grob in Erinnerung, was eigentlich auch nur zum Vorteil war.

Die Geschichte beginnt wie jede Teenieliebesgeschichte. Sie ist ein wenig over-the-top und Nick erscheint zu perfekt, um wahr zu sein. Er ist der typische Bad Boy, welcher von ganz unten kommt, aber mit Kriminalität eigentlich gar nichts zu tun haben will. So sagt er zumindest. Als ich dann jedoch zum Wendepunkt in der Geschichte kam, in der er Caro dazu bringt sich für ihn zu prostituieren, war ich geschockt. Diese perfide Methode ein junges Mädchen zu brechen, fühlte sich so real an, dass ich für einen Moment das Buch beiseite legen musste. Dadurch dass ich den Klappentext vor dem Lesen nicht nochmal überflogen hatte, kam die Szene besonders plötzlich und überraschend.

Von da an möchte man Caro die ganze Zeit anschreien und sie zur Vernunft bringen, zugleich taucht man durch den Schreibstil der Autorin so sehr in die Geschichte ein, dass man versteht, dass sie es einfach nicht kann. Teilweise nimmt dies unheimliche Züge an, in denen man selbst hin- und hergerissen ist. Wer auch nur ein bisschen sich mal über Zwangsprostitution und Loverboys informiert hat, kann natürlich vorhersehen, wie die Geschichte weitergehen wird, dennoch ist die Geschichte so packend erzählt, dass man nicht davon loskommt und hofft, dass sich doch noch alles zum Guten wendet.

Ohne das Ende spoilern zu wollen, muss ich dennoch anmerken, dass ich positiv überrascht war. Ich hatte es nicht so erwartet, aber nach allem, was ich zuvor über Caros innere Gefühlswelt erfahren und miterlebt hatte, fühlte es sich logisch und realistisch an.

Was mir des Weiteren gut gefiel, war dass das Buch sich nicht nur auf Caro fokussierte, sondern auch auf ihre Familie, die mit ihren eigenen Problemen und Zweifeln zu kämpfen hat. Besonders hier wurde der Kontrast zwischen der Prostituierten Caro und der Tochter Caro sehr deutlich und wie diese Welten langsam miteinander verschmelzen.

Ein weiteres Lob geht an die Szenen mit den Freiern. Diese sind, im Gegensatz zum Rest des Buches, in der dritten Person geschrieben. Des Weiteren sind sie kurz und prägnant, keine unnötigen Ausschmückungen sondern die brutale Wahrheit ohne den Akt selbst zu beschreiben.

Zu kritisieren habe ich eigentlich nur die äußere Gestaltung des Buches. Das Cover wirkt auf mich doch etwas altbacken und passt eher in die frühen 2000s als 2019. Wäre es mit auf der Leipziger Buchmesse nicht vorgestellt wurden, ich hätte im Buchladen wohl nie danach gegriffen, was ich äußerst Schade finde. Den Preis von 9€ für ein Taschenbuch empfinde ich als in Ordnung und im Budgetrahmen der Zielgruppe.

"Ich gehöre ihm" basiert auf dem gleichnamigen Fernsehfilm, welcher im August 2017 in der ARD gezeigt wurde. Momentan ist der Film leider weder in der Mediathek verfügbar noch käuflich zu erwerben. (Stand: Juni 2019)

Fazit
"Ich gehöre ihm" erzählt packend von dem Weg auf den Babystrich durch Zwangsprostitution und Loverboys. Es könnte jede und jeden von uns treffen. Sogar deine Tochter, beste Freundin oder das Mädchen in deiner Klasse.
Wer Erfahrungen mit Vergewaltigung, Mishandlung (sowohl körperlicher als auch seelischer Art) und Selbstverletzung hat, der sei gewarnt, dass das Buch ein Trigger für dich sein könnte.