Rezension

"Es war einmal" ganz anders - so eine Cinderella gibt es kein zweites Mal!

Die Luna-Chroniken 01: Wie Monde so silbern. E-Book inklusive
von Marissa Meyer

Zitat:
„Wieder sah Cinder zum lauernden Mond hoch und hatte plötzlich eine Gänsehaut. Der Mond hatte sie schon immer beunruhigt, als würden seine Bewohner sie von dort oben beobachten. Vielleicht würde sie sie auf sich aufmerksam machen, wenn sie den Mond zu lange anstarrte. Unsinniger Aberglaube, aber andererseits war an Lunariern alles unheimlich und hatte mit Aberglauben zu tun.“
(S. 47)

„Er war der Traum aller Mädchen im Land. Er war so weit außerhalb ihrer Reichweite, lebte in einer so anderen Welt, dass sie in der Sekunde, in der sich die Tür zwischen ihnen schloss, aufgehört haben sollte, an ihn zu denken. Also jetzt. Und sie sollte nie wieder an ihn denken, außer vielleicht als an ihren Kunden – und ihren Prinzen.
Aber die Erinnerung an seine Hand auf ihrer Haut ließ sich nicht unterdrücken.
(S. 127/128)

Inhalt:
Die blaue Pest bedroht die Erde seit über 12 Jahren, wütet, tötet unzählige Erdenbewohner. Cinder verlor ihren Vormund an die Krankheit und lebt seitdem bei ihrer Stiefmutter und ihren zwei Stiefschwestern.
Auch Kaiser Rikan, das Oberhaupt des Asiatischen Staatenbundes, befindet sich im Dritten Letumose-Stadium.

Jeden Morgen wird eine andere ID gezogen, die Nummer eines weiteren Cyborgs, der die zweifelhafte Ehre haben wird, der Pest-Forschung als Testobjekt zur Verfügung zu stehen. Cinder könnte die nächste sein – denn auch sie ist ein Cyborg.

Trotz des Ausbruchs der Krankheit innerhalb der Grenzen von Neu-Peking soll der große Ball zum Freiheitstag stattfinden. Cinders Stiefmutter Adri stattet ihre Töchter bereits mit den tollsten Kleidern aus – für Cyborg Cinder hat sie nur Reparatur-Aufträge und leere Versprechen übrig. Durch einen Schicksalschlag verliert Cinder den einzigen Menschen der Familie, der zu ihr hält – woraufhin sie von Adri als Versuchskaninchen gemeldet wird.
Was dabei herauskommt, hätte Cinder niemals auch nur erahnen können – ebenso den zufälligen Kontakt zu Prinz Kai, dessen Charme sie einfach nicht widerstehen kann.

Meinung:
Ich lese niemals Klappentexte oder genaue Inhaltsangaben, wenn ich schon von sehr vielen gehört habe, „wie gut“ das Buch ist. Ich wusste, dass es sich bei „Wie Monde so silbern“, im Original „Cinder“, um eine Märchenadaption handelt. Das reichte mir aus, um es haben zu wollen.

Nur war Cinder alles andere als die klassische Cinderella…
Es war einmal ein 11-jähriges Mädchen, das das große Glück hatte, von einem lieben Mann aufgenommen zu werden. Der Mann starb kurz darauf und das Mädchen blieb bei ihrer Stiefmutter und deren beiden Töchtern.

Ihr kennt die Geschichte? Wie wäre es hiermit?
Ein lieber Ehemann hat auf einer Reise die Vormundschaft für einen 11-jährigen verwaisten Cyborg übernommen. Auf eben jener Reise hat er sich aber auch mit der tödlichen blauen Pest angesteckt und hinterließ die Vormundschaft für den Cyborg seiner Frau, die alles andere als begeistert darüber war…

Die erste Seite konnte ich (ohne Kenntnis des Klappentextes oder gar der Zeit, in der die Geschichte spielt) kaum fassen, ich bin von Satz zu Satz gestolpert. Dieses arme Mädchen, Cinder, hat ein amputiertes Bein? Oh mein Gott… Die „arme Cinder“ ist anders… Oh nein! Noch schlimmer! Und dann das:
Die arme Cinder ist ein CYBORG, lebt 126 Jahre nach dem 4. Weltkrieg,  Jahrhunderte nach der Kolonisation des Mondes, dessen Bewohner sich ziemlich verändert haben… und von der machtgierigen Königin Levana unter Zuhilfenahme ihrer Gabe regiert werden.
Von alldem bekommt Cinder jedoch nur am Rande etwas mit. Sie ist damit beschäftigt, ihren Laden auf dem Markt am Laufen zu halten und als Mechanikerin das Geld für die Familie zu verdienen.
Cinder wird alles andere als gut behandelt, ihr zur Seite steht ihr meist nur Androidendame Eko, eine menschliche Verbündete hat sie lediglich in ihrer einen Stiefschwester Peony. Durch die stetig zu spürende Abneigung der meisten Menschen gegen Cyborgs ist Cinder sehr stark, weiß was sie will und weiß sich zu helfen. Da sie außer für ihre handwerklichen Fähigkeiten niemals beachtet wurde, ist sie umso überraschter über die Avancen von Prinz Kai.

Ich mochte, nein ich LIEBTE Cinder, Cyborg hin oder her. Ich habe mich mit ihr weitaus verbundener gefühlt als mit den meisten anderen Protagonistinnen, konnte sie weit mehr verstehen als andere, habe selbst ihr Display vor dem inneren Auge gesehen und stets mit ihr gefiebert.

Doch neben ihren Charakteren, ihrer Science-Fiction-Welt und dem Fantasy-Anteil hat die Autorin natürlich noch etwas ganz Essentielles zu bieten: eine wundervolle Märchenadaption, dessen Facetten sich durch das gesamte Buch ziehen. Die „böse Stiefmutter“, der Ball, der moderne Prinz und ein gar hypermoderner „Schuh“. Die Symbolwirkung ist grandios und ich konnte nicht anders, als mitgerissen zu werden.

Marissa Meyers Schreibstil tat das Übrige. Die locker-leichte Art zu erzählen, gepaart mit Dialogen, die ernst sein konnten oder auch zum Schmunzeln anregen, ließen mich über die Seiten fliegen. Die einfache Darstellung ihrer so brillanten Welt, der personale Erzählstil, der Einblicke in mehrere Charaktere bietet und nicht zuletzt die gewisse Magie, die jedes Märchen innehat, entwickelten einen Lesesog, dem ich mich nicht entziehen konnte. Ich fieberte bis zum Ende mit Cinder, Poeny, Prinz Kai, ja gar mit dem ganzen Verbund Erde, ehe mich die Autorin in ein vorerst zufriedenstellendes Ende erlöste. 

Und wenn sie nicht gestorben sind, dann leben sie noch weiter… Und zwar in der Fortsetzung, die zum Glück schon im nächsten Monat erscheinen wird.

Urteil:
„Wie Monde so silbern“ ist eine ganz besondere Version einer altbekannten Geschichte. Ich war gefesselt, überrascht, erlebte Freud und Leid mit dieser ganz besonderen Cinderella. Auch wenn der ein oder andere Überraschungseffekt durch die Inhaltsangabe vorweggenommen wird, störte mich das in diesem Falle nicht. Ich war viel zu begeistert vom Rest, um den Kritikpunkten Gewicht zu verleihen. Daher 5 begeisterte Märchenbücher für Cinder und den ersten Teil der „Luna-Chroniken“.

Wer Märchen liebt, einer Sci-Fi-Kulisse nicht abgeneigt ist, einen Hauch Fantasy verträgt und gerne eine tiefe Verbindung mit seinen Charakteren eingeht, MUSS zu diesem Buch greifen.

Die Reihe:
1. Wie Monde so silbern
2. Wie Blut so rot
3. Originaltitel: Cress
(Erscheinungstermin: Februar 2014)
4. Originaltitel: Winter
(voraussichtlicher Erscheinungstermin: 2015)

©his-and-her-books.blogspot.de

Kommentare

jasimaus123 kommentierte am 22. Dezember 2013 um 08:02

Das Buch hört sich sooo toll an (: Glücklicherweise muss ich nicht mehr lange darauf warten da es bereits per Post zu mir unterwegs ist, bin schon gespannt wie ich es finden werde. (:

Liebe Grüße, Jasi