Rezension

Es waren zwei Königskinder...

Königskinder
von Alex Capus

... die hatten einander so lieb. Sie konnten zusammen nicht kommen...

Eine Geschichte in der Geschichte: In der Rahmenhandlung bleiben Max und Tina mit ihrem Auto in den Schneemassen eines Schweizer Bergpasses stecken. Hilfe wird wohl erst am nächsten Morgen kommen, und so müssen sie die eiskalte Nacht überstehen. Dazu erzählt Max seiner Frau eine Geschichte, die ihren Ausgangspunkt in den Schweizer Bergen nimmt:

Jakob lebt als Kuhhirte in den Bergen. Wenn er im Herbst die Herde wieder zu ihrem Besitzer treibt, sieht er dessen Tochter Marie. Die beiden jungen Leute verlieben sich ineinander, doch die Standesunterschiede sind zu groß: Niemals würde die Großbauer seine Tochter einem Habenichts geben! Wie soll das Paar zusammenfinden, wenn auch noch die äußeren Umstände dagegensprechen - schließlich muss Jakob acht Jahre Militärdienst ableisten? 

Von zwei Paaren erzählt der kleine Roman. "Tina und Max waren ein Paar, das sich in den großen Dingen des Lebens immer einig war. Über die kleinen Dinge zankten sie sich unablässig, aber in den großen Dingen verstanden sie sich blind." So streiten sie sich über den Einsatz von Scheibenwischern, aber als sie im Schnee steckenbleiben, gibt es keine gegenseitigen Vorwürfe. Gemeinsam überstehen sie die Nacht mit Max Geschichte. Und da gilt: Es ist "gar nicht so wichtig..., ob eine Geschichte wahr ist oder nicht. Wichtig ist, dass sie stimmt." Und das prüft Tina immer wieder: Stimmen die Fakten? Ist der Handlungsablauf realistisch oder klischeehaft? Und sind die Personen glaubwürdig? - Das andere Paar, Jakob und Marie, macht nicht viele Worte. Sie leben ihr Leben, nehmen ihr Schicksal hin und glauben nicht daran, dass sie es gestalten können. Dennoch bleiben sie ihren Gefühlen treu und lassen sich nicht vereinnahmen.

Tinas Fragen bringen eine neue Ebene in die Geschichte, sie holen den Leser immer wieder in die Gegenwart zurück. So wird der Gegensatz zwischen heute und dem ausgehenden 18. Jahrhundert, zwischen einer "modernen" und einer "altmodischen" Beziehung immer wieder deutlich. Das könnte störend sein, doch ich habe es nicht so empfunden: Die Spiegelung der poetischen, eher märchenhaften Geschichte im prosaischen Heute hat mir gefallen, ebenso die Darstellung der französischen Revolution aus der Sicht eines eher unbeteiligten Betrachters.

Eine angenehme Lektüre.