Rezension

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Es wird keine Helden geben - Anna Seidl

Es wird keine Helden geben
von Anna Seidl

Bewertet mit 5 Sternen

Es sollte ein Schultag wie jeder andere sein. Doch in der Pause verändert sich das Leben der fünfzehnjährigen Miriam schlagartig: Schüsse fallen. Ein Junge ihrer Parallelklasse läuft Amok. Miriam versteckt sich mit ihrer besten Freundin in einer Toilettenkabine, muss mitanhören, wie vor der Kabine ein Junge erschossen wird. Als sie sich auf den Gang hinauswagt, entdeckt sie ihren Freund Tobi schwer verletzt am Boden, für ihn kommt jede Hilfe zu spät. Nach Minuten, die wie Stunden erscheinen, ist alles vorbei. Nicht aber für Miriam, deren persönlicher Albtraum gerade erst begonnen hat…

Nach einem kurzen Prolog, in dem Miriam nachdenklich auf die Ereignisse zurückblickt, beginnt das Buch mit den schockierendsten Seiten, die ich seit langer Zeit gelesen habe: Aus Miriams Perspektive wird geschildert, wie sie den Amoklauf an ihrer Schule erlebt. Der eindringliche Schreibstil sorgte dafür, dass ich diese schrecklichen Minuten durch Miriams Augen hautnah miterlebte und nachvollziehen konnte, wie Miriam sich fühlen muss.

12 Seiten später ist alles vorbei, der Amoklauf ist beendet. Doch damit geht dieses Buch eigentlich erst so richtig los. Miriams Leben ist völlig auf den Kopf gestellt, das Gesehene und die Tatsache, dass ihr Freund tot ist, haben sie gänzlich aus der Bahn geworfen. Ohnmacht, Wut, Trotz, eine verzweifelte Suche nach Antworten – in den Tagen nach dem Amoklauf durchlebt Miriam die verschiedensten Gefühle. Wie stark haben die Ereignisse sie verändert? Und wie kann es für sie weitergehen? Wird sie ihren Weg zurück in den Alltag finden?

Nicht nur Miriams Gefühlswelt wird in diesem Buch eindringlich und berührend geschildert, sondern auch der Umgang mit ihrem Umfeld. Zum einen ist da Miriams Familie. Ihre Mutter hat die Familie vor Jahren verlassen und ist nun zurückgekehrt. Nun wird es für ihre Familie zur Herausforderung, einen richtigen Umgang mit Miriam zu finden, die wiederum Probleme damit hat, mit der Reaktionen ihrer Eltern umzugehen. Zum anderen wird auch thematisiert, wie Miriams Freunde mit dem Amoklauf umgehen. Jeder reagiert hier völlig anders. Dies führt zu intensiven und auch sehr traurigen Szenen, die nicht spurlos an mir vorbeigegangen sind.                                                           

Dieses Buch wirft letztendlich eine Vielzahl an Fragen auf, die den Leser nachdenklich zurücklassen. Wie kann man mit seiner Trauer umgehen? Wer trägt die Schuld an einem Amoklauf? Wie weit geht man für Menschen, die man liebt? Wie wichtig ist es in so einer schweren Situation, seinen Freunden vertrauen zu können? Das sind nur einige der Fragen, die thematisiert werden und dafür sorgten, dass mir dieses Buch für lange Zeit nicht auf dem Kopf gehen wird.

„Es wird keine Helden geben“ ist mehr als die Beschreibung eines Amoklaufs. Durch die Ich-Perspektive und den einnehmenden Schreibstil gelingt es Anna Seidl, den Leser die Welt durch Miriams Augen sehen zu lassen, spricht eine Vielzahl an Themen an und wirft Fragen auf, die mich zum nachdenken brachten. Ich kann dieses Buch nur weiterempfehlen.